Michael Lorenz

Günther G. Bauer: Mozart. Geld, Ruhm und Ehre, Verlag K. H. Bock, Bad Honnef 2009, 366 Seiten mit Abbildungen ISBN 978-3 86796-001-4

 

Mozarts Finanzen waren schon oft Thema wissenschaftlicher Arbeiten. Die Frage nach Mozarts Einkommen und ob er nun ein "schlechter Wirt" war, oder seine Zeitgenossen ihn verhungern ließen, lag immer im Zentrum des Interesses einer Nachwelt, die oft die Verpflichtung fühlte, Mozart mit Geld postum für erlittenes Unrecht zu entschädigen. Carl Bär, Rudolph Angermüller, Volkmar Braunbehrens und Maynard Solomon widmeten sich mit wechselndem Erkenntnisgewinn diesem Thema, dessen wissenschaftliche Erörterung aus Mangel an Quellen oft dazu führte, dass Autoren sich weit in die abschüssigen Gefilde waghalsiger Spekulationen verirrten. Bauer, dessen jahrzehntelange Tätigkeit als Spielforscher ihn schließlich zur Beschäftigung mit Mozart brachte, versucht das Prozedere umzukehren: nicht Mozarts Einnahmen sollen uns Auskunft über seine finanzielle Lage geben, sondern die Berechnung seiner Ausgaben soll dazu dienen, die undurchdringlichen Schleier zu lüften, unter denen Mozarts Geldleben bisher verborgen lag. Bauers Konzept ist eine gewisse Originalität nicht abzusprechen. Wie sich aber zeigt, ist dieses originelle wissenschaftliche Konzept mit jenen Methoden, deren sich Bauer befleißigt, nicht realisierbar.

 

Der Grundtenor von Bauers Buch ist die Selbstaufblähung des Autors zum Großforscher. Man könnte geradezu sagen, es ging Bauer in erster Linie um "Bauers Geld, Ruhm und Ehre". Schon auf der Rückseite des Titelblattes wird uns eine stolze Liste von 25 Mitarbeitern präsentiert, die den Eindruck erwecken soll, Bauer habe einem genialen Generalissimus gleich eine Brigade von Wissenschaftlern von Salzburg aus zu Kampf und Sieg geführt. Auf Befragen gaben mehrere dieser angeblichen Mitarbeiter jedoch an, Bauer lediglich im Rahmen ihrer beruflichen Auskunftspflicht eine einzige Frage beantwortet zu haben und niemals von ihrem offiziellen Mitarbeiterstatus informiert worden zu sein. Es bleiben in diesem Buch so viele Fragen unbeantwortet, die Bauer rhetorisch in den Fußnoten stellt und die allesamt mit Recherchen vor Ort geklärt hätten werden können, dass man sich fragt, wo in aller Welt diese 25 Mitarbeiter waren, als es galt, zentrale Probleme zu lösen und vor allem das Buch rechtzeitig von Fehlern zu säubern. Bauer spiegelt dem Leser vor, jene Frage beantworten zu können, die so viele Autoren bisher unbeantwortet lassen mussten: wie viel Geld verdiente Mozart? Dass die Mozart-Forschung eine präzise Antwort auf diese Frage bisher schuldig blieb, hat seinen einfachen Grund darin, dass uns zu Mozarts Einkommen nicht genug verlässliche Quellen vorliegen. Und weil diese Quellen natürlich auch Bauer nicht zur Verfügung stehen, mündet das, was er für eine bahnbrechende Studie hält, in eine bemühte Anhäufung hohler Überlegungen und Mutmaßungen zu Mozarts Finanzen. Die Frage, wie viel Geld Mozart umsetzte, bleibt, streng wissenschaftlich gesehen, unbeantwortet. Bauers neuer Denkansatz, das Einkommen des Komponisten mittels dessen Ausgaben zu quantifizieren, ist a priori zum Scheitern verurteilt, weil wir zu Mozarts Ausgaben noch weniger Primärquellen haben als zu seinen Einnahmen. Da hilft auch die interessanteste Literatur aus der Mozart-Zeit (wie z.B. Die genaue Rechnungstafel von 1788) nichts, denn dass das Leben auch im Wien des späten 18. Jahrhunderts Geld kostete, war dem Publikum und der Mozart-Forschung schon bekannt. Wahre und detaillierte Kenntnis der Lebenshaltungskosten und der Inflationsrate der Mozart-Zeit kann man nur dort erwerben, wo Bauer noch nie gesehen wurde: in Wiens Archiven, durch jahrelanges Studium der Akten aus den Beständen der Alten Ziviljustiz, des Magistratischen Zivilgerichts, des Merkantil- und Wechselgerichts, des Obersthofmarschallamts, der Hofkammer, des magistratischen Steueramts und der Wiener Grundbücher. Die Aussagekraft dieser handschriftlichen Primärquellen aus dem 18. Jahrhundert stellt sämtliche gedruckten Broschüren der Mozart-Zeit in den Schatten und reduziert Bauers Fernstudien zu regelrechter "Hobby-Forschung" (wie Wolfgang Fuhrmann in seiner Rezension in der Zeitschrift Acta Mozartiana Bauers Arbeit nannte). Dass Bauer überdies behauptet, "eine erste Antwort" auf die Frage nach Mozarts Einkommen zu versuchen - nachdem er im Vorwort mehrere Autoren genannt hat, die sich dieser Frage schon früher widmeten - erhöht nicht das Vertrauen des Lesers in Bauers Seriosität. Ein (angeblicher) Forscher, der bereits im Vorwort seinen Buches (S. 12) zeigt, dass er nicht weiß, wie die wichtigsten wissenschaftlichen Einrichtungen des Wiener Magistrats heißen und von einer "Bibliothek der Stadt Wien" und einem "Archiv der Stadt Wien" schreibt, verspielt augenblicklich seine wissenschaftliche Glaubwürdigkeit.

 

Um sich eigene Recherchen in Wiens Archiven zu ersparen, benützt Bauer die Angaben über Mozarts Einkommen in Maynard Solomons Mozart-Biografie als "gesicherte Quellenbasis". Dass Solomon weder Mozart-Forscher, noch Experte für das Geldwesen der Mozart-Zeit ist und seine Angaben zum großen Teil ebenfalls auf Spekulationen beruhen, konnte Bauer nicht beirren. Er folgte jenen beiden im Wissenschaftsdilettantismus geltenden Prinzipien: a) "was im Druck vorliegt, ist eine Tatsache" und b) "was Fußnoten hat, ist Wissenschaft". Auf Solomons schwankendem Fundament stehend können Bauers Denkgebäude natürlich niemals jene Stabilität erlangen, die man von einer "Studie" (wie der Autor sein Buch nennt) erwartet und durch die kritiklose Übernahme von Solomons Daten wird Bauers Arbeit der Makel unwissenschaftlicher Oberflächlichkeit geradezu eingepflanzt. Um die Problematik von Bauers Vorgangsweise zu zeigen, ist ein kurzer Exkurs zu Maynard Solomons Mozart-Biografie nötig. Im Kapitel "Mozarts Wiener Einnahmen" auf S. 511-16 der deutsche Ausgabe seines Buches widmet sich Solomon Mozarts Einkünften und seine Tabellen sind ein klassisches Exempel eines unwissenschaftlichen, von Quellenkenntnis völlig unbelasteten Exerzitiums. Das kann nicht verwundern, denn Solomons Buch ist eine rein populärwissenschaftliche, auf der vor dem Jahr 1994 publizierten Sekundärliteratur basierende Arbeit eines Hobby-Mozartologen, der ebenso wie Bauer mit Primärquellen noch nie etwas zu tun hatte. Allerdings muss man Solomon zugutehalten, dass er im Gegensatz zu Bauer nicht vorgibt, vor seinen Lesern ein wissenschaftliches Evangelium auszubreiten. Solomon bekennt sich ganz offen zum Prinzip der freien Schätzung und schreibt: "Die folgende Aufstellung listet seine jährlichen Einkünfte für den Zeitraum von 1781 bis 1791 auf, die auf einer Schätzung[!] beruhen [ …]". Quellen für diese Schätzungen nennt Solomon nicht. Er schreibt weiter: "Um einen brauchbaren Überblick über seine Einnahmen zu gewinnen, habe ich weitere zusätzliche Einnahmen aus seinen uns bekannten Aktivitäten abgeschätzt[!], wobei meine Berechnungen sich an vergleichbaren[!] Bezahlungen oder Mozarts dokumentierten Einnahmen – oder denen seiner Zeitgenossen – orientieren." Selbstverständlich erfährt man nichts über diese "vergleichbaren Bezahlungen" und auch nichts über die Identität jener "Zeitgenossen" oder Quellen, die deren Einnahmen belegen. Die Liste der Einkünfte, die Solomon auf S. 511f. seines Buches präsentiert, krankt bereits an jenen Unsicherheiten, Vermutungen und platten Irrtümern, die 14 Jahre später Bauers derivative Arbeit plagen. Beginnend mit dem Jahr 1781 listet Solomon jährlich "andere mögliche[!] Einkünfte" auf, die, weil sie natürlich jeder Quelle entbehren, vollkommener Beliebigkeit unterliegen und sich z.B. im Jahr 1786 auf 1.100 Gulden belaufen. Dazu kommen banale Fehler, wie die irrige Angabe, Mozart habe für die Dezembermonate 1787 und 1791 jeweils volle 66 Gulden Gehalt bezogen. Dass Mozart sein Gehalt nicht ohne Abzüge erhielt und außerdem für seine Konzerte Musikimpost abzuführen hatte, ist Solomon (ebenso wie Bauer) völlig unbekannt. Auch entspricht es nicht den beweisbaren Tatsachen, dass Mozart im Jahr 1790 für Così fan tutte ein doppeltes Honorar erhielt. Das angebliche Extrahonorar ist nicht dokumentiert und Solomons diesbezügliche Überlegungen (in denen er von einem "erhalten gebliebenen Hauptbuch[!]" spricht) sind von absoluter Quellenunkenntnis geprägt und daher unsinnig. Dass Mozart (wie Solomon behauptet), für "Die Zauberflöte" 900 Gulden erhielt, entspringt offenbar den Aufzeichnungen auf der Fahrt mit einer Zeitmaschine ins Jahr 1791 (laut Aloys Fuchs, dessen Notizen aus dem Jahr 1842 Solomon unbekannt sind, erhielt Mozart von Schikaneder 100 Dukaten). Weil mehrere wichtige Quellen erst nach 1994 gefunden wurden, ist Solomons Einnahmenliste nicht auf dem letzten Stand. Seine Tabelle von Mozarts Einkünften beruht zum großen Teil auf Spekulationen, die allesamt einer wissenschaftlichen Prüfung nicht standhalten. Sämtliche Studien zu Mozarts Schülern, auf die er sich beruft, sind nahezu 50 Jahre alt und somit überholt. Die Annahme, dass Mozart von allen jemals genannten Schülern sechs Dukaten pro Monat lukriert habe, entspricht dem Bild einer rosaroten Idealwelt, ist aber unter streng wissenschaftlichen Prämissen nicht haltbar. Solomons Aufstellung von Mozarts Unterrichtseinkünften während sechs Jahren seines Wiener Aufenthalts sehen für den interessierten Laien gut aus, sind aber für die Mozartforschung vollkommen wertlos. Solomons spekulative Vorgangsweise kommt in folgendem Satz zum Ausdruck: "Ich nehme an[!], dass Mozart erst 1790 widerwillig zum Stundengeben zurückkehrte." Auch die von Solomon präsentierten Einnahmen aus Publikationen stehen auf schwankendem Boden: "Die Berechnungen gehen von folgenden Annahmen[!] aus […]", "Landon vermutet[!], dass Einnahmen zu erzielen waren", und: "Wir müssen[!] ferner mit der Möglichkeit rechnen[!] […]" (S. 515). Solomons vollkommener Mangel an Kenntnis des Finanzwesens und dessen rechtlichen Rahmenbedingungen im Europa des 18. Jahrhunderts - eine Fremdheit gegenüber der Materie, die der Brauchbarkeit seines Buches zur Erörterung von Geldfragen verlässlich den Garaus macht - wird in seiner Diskussion der Teilung des Erbes von Leopold Mozart (S. 405ff.) erkennbar. In konsequenter Verfolgung seines erbarmungslosen "father bashing" behauptet Solomon, Leopold Mozart habe seinen Sohn um dessen Erbe betrogen, indem er noch zu Lebzeiten seiner Tochter "Bargeld in der Höhe von 6.000 bis 10.000 Gulden" (so schätzt[!] Solomon) übergab. Diesen Betrag "errechnet" Solomon aus der Tatsache, dass Nannerls Ehemann für sie aus seinem Nachlass von 28.000 Gulden einen Pensionsfond anlegen ließ, der jährlich 300 Gulden für seine Witwe abwerfen sollte und dessen Kapital nach ihrem Tod an ihre Kinder fallen sollte. Solomon hält diese 300 Gulden Pension tatsächlich für Nannerls komplettes Erbe und schließt daraus, dass "sie deswegen von ihrem Mann so wenig bedacht wurde, weil er wusste, dass sie bereits von ihrem Vater gut versorgt worden war." Der Pensionsfond des Freiherrn Berchtold zu Sonnenburg war jedoch in erster Linie eine Regelung zur Sicherung des Erbteils seiner Kinder und nicht des Auskommens seiner Witwe. 6.000 Gulden aus Berchtold zu Sonnenburgs Vermögen warfen zu den damals üblichen fünf Prozent verzinst 300 Gulden Pension für die Witwe ab. Dass dieser auch noch die restlichen 22.000 Gulden ihres Gatten verblieben, begriff Solomon offensichtlich nicht. Jene 6.775 Gulden, die Nannerl 1829 hinterließ, passen perfekt in das arithmetische Szenario ihres Erbes im Jahr 1801 und der Inflation während der folgenden 28 Jahre (inklusive Staatsbankrott und Geldentwertung im Jahr 1811).

 

Dieses sogenannte Mozart-Standardwerk Maynard Solomons verwendet Bauer (wie er ganz offen zugibt) als Grundlage für sein Buch (S. 58). Bauer hält Solomons Spekulationen tatsächlich für "den neuesten Stand der Forschung", wobei klar wird, dass Bauer nicht wirklich weiß, was Forschung ist. Auch Angermüllers ebenso waghalsige, wie unbewiesene Behauptung, Mozart "habe in seinen ersten Wiener Jahren pro anno ca. 10.000 Gulden verdient", wird von Bauer wie ein Evangelium nachgebetet. Er bezeichnet Solomons spekulative Ideen tatsächlich als "eine bis heute unwidersprochene Studie" und als "beste Quelle für Daten und Zahlen". Man kann sich vorstellen, in welche Sümpfe von Unwissenschaftlichkeit diese derivative Methode führt. Allerdings muss gesagt werden, dass Solomons Hypothesen zu Mozarts Einnahmen trotz allem noch von einer Vorsicht geprägt sind, die Bauer fremd ist. Wo Solomon bei den jährlichen Summen noch einen Einkommensbereich zwischen zwei möglichen Summen angibt, in welchem er Mozarts Einkommen ansiedelt, betrachtet Bauer hemmungslos den höheren Betrag als Tatsache und beziffert dieses Einkommen zwischen 1784 und 1787 kurzerhand mit 13.704 Gulden. Damit nicht genug, versteigt er sich auch zu folgender verwegener, jedoch unbewiesen bleibender Vermutung: "In Wirklichkeit dürfte[!] es wesentlich mehr gewesen sein. Man wird[!] jährlich mit über 1.000 Dukaten rechnen können." (S. 44). An grundlegendem finanzhistorischen Wissen mangelt es Bauer allerorten. Weil er offenbar Salzburg für ein Habsburger Kronland hält, ist ihm nicht bekannt, dass der Gulden in Salzburg eine Reichswährung im 24-Gulden-Fuß war und somit nicht den Wert eines Wiener Guldens hatte, der auf 11,6935 Gramm Silbergehalt beruhte. Der Wert dieser beiden Währungen stand in einem Verhältnis von 1:1,2. Eintausend Gulden Salzburger Währung entsprachen also 833 Gulden 20 Kreuzer Wiener Währung. Dieses ist genau der Grund, warum Mozart sein Erbteil 1787 "in Wiener Geld" ausgezahlt haben wollte. Bauer wirft beide Währungen in einen Topf, wodurch seine Vergleiche der Lebenskosten und Einkommen in Salzburg mit jenen in Wien vollkommen substanzlos werden. Bauer rechnet erbarmungslos Gulden in Euro um, wobei er sich einer "aktuellen" Rate von ein Gulden = 30 Euro bedient, die wohl aus dem Hause Angermüller stammt. Es ist geradezu amüsant, Angermüllers Umrechnungsrate des Guldens während der letzten Jahrzehnte zu beobachten, da sie einmal der aktuellen Inflationsrate vorauseilt, dann aber wieder aus unerfindlichen Gründen hinter dieser zurückbleibt. Die Umrechnung von Gulden in moderne Währungen ist ein Hauptmerkmal seichter und unwissenschaftlicher Mozart-Literatur, wie z.B. Enric Lauers Buch Mozart und die Frauen (2005), das Bauer natürlich auch für eine brauchbare Quelle hält (S. 323). Jeder seriöse Historiker weiß, dass aufgrund der im Vergleich zu heute vollkommen differierenden Arbeits- und Lebenskosten in der Mozart-Zeit ein konstantes Wertverhältnis zu modernen Währungen eine vollkommene Illusion ist. Ebenso von Angermüller dürfte Bauers absurde Berechnungsmethode des Werts von Fahrnissen aus dem Nachlass Mozarts stammen: der Schätzwert von Gegenständen wird, um den Warenwert zu errechnen, kurzerhand mit dem Faktor zehn multipliziert (S. 195 u. 208), was zu grotesken Angaben über den Wert von Mozarts Wohnungseinrichtung führt. Das Pedal-Element von Mozarts Flügel war nicht 400 Gulden wert und jedem, der ein bisschen etwas über die Stundenlöhne von Handwerkern in der Mozart-Zeit weiß, wird augenblicklich klar, dass Bauer (wie auch sonst in seinem Buch) nur die Preise von Mobilien in die Höhe treibt, um Mozarts Finanzen in ungeahnte Höhen zu schrauben. Wenn Bauer "trotz intensiver Recherchen" keine Preisliste oder Rechnung eines Wiener Tischlers finden konnte (S. 209, wo blieben die Mitarbeiter?), so ist das lachhaft, denn es gibt in den genannten Beständen der Wiener Archive genug solcher Dokumente. Die von Bauer genannten Preise eines Salzburger Tischlers beruhen alle auf Reichswährung und sind aus den genannten Gründen ohne Umrechnung in Wiener Gulden unbrauchbar. Unabhängig davon, dass Bauer zu Anton Walters Klavieren "keine Vergleichspreise erforschen konnte" (S. 193), sind die Klavierpreise Walters der Wissenschaft natürlich bekannt. Bauers Vergleich mit dem Preis eines Klaviers, das Joseph Haydn im Jahr 1809 verkaufte, ist angesichts der massiven Inflation der vorhergehenden 20 Jahre ebenso irrelevant, wie der Versuch, den Preis von Geigen aus den Preisen dieser Instrumente in der Beethoven-Zeit zu errechnen (S. 199). Die Liste der "erforschten Aufwendungen" für Instrumente in den elf Wiener Jahren (S. 207) wirkt mit ihren Fantasiezahlen ("1 kleines Clavichord oder Reiseinstrument: 90 f" - also das teuerste Reiseclavicord aller Zeiten!) wie ein Auszug aus einem arithmetischen Traumbuch. Die von Bauer postulierten "Berechnungen und Schätzungen" für diese Ausgaben summieren sich auf astronomische 2.461 Gulden und werden überdies noch als "die untere Grenze" bezeichnet. Die absolut willkürliche Annahme eines 17-prozentigen Abzugs von "Spielausgaben und Spielverlusten" von Mozarts Lebenseinkommen (S. 68) kann man nur unter dem Sammelbegriff "Kaffeesud-Wissenschaft" subsumieren.

 

Damit sind die grundlegenden Mängel von Bauers Arbeit genannt und es bleibt dem Rezensenten nur die Erstellung einer kommentierten Errataliste, deren Kompromisslosigkeit allein dem Zweck dient, zukünftigem Unsinn Einhalt zu gebieten. Um einen Eindruck von dem tosenden Nonsens zu vermitteln, der den Leser in Bauers Reich erwartet, empfiehlt es sich, die besten Heuler in diesem Buch gebührend zu präsentieren. Schon das absurde Bild von "Mozart im blauen Morgenmantel mit Geige" von Cignaroli (S. 17) macht dem Leser klar, dass der Autor sich nicht um die Authentizität angeblicher Mozart-Portraits kümmert. Natürlich wird auch das Eusebius Alphen zugeschriebene Doppelportrait als echt präsentiert (S. 52) und man fragt sich erneut, warum Bauer zu diesem Thema nicht seine "wissenschaftlichen Mitarbeiter" konsultierte. Dass Experten wie Otto Biba und Walther Brauneis in die Nähe dieser seltsamen Mozart-Zuschreibungen gerückt werden, grenzt an Rufschädigung. Warum Brauneis, der vor zehn Jahren zu Bauers "Institut für Spielforschung" nur kritische Worte fand, sich in dieses Buchprojekt verwickeln ließ, bleibt vollkommen rätselhaft. Wie bei Mozart selbst treibt Bauer auch das Familieneinkommen der Mozarts in Salzburg in ungeahnte Höhen. Bauers Behauptung, die Familie habe "mit Leopold Mozarts Nebenverdiensten wahrscheinlich[!] 200 bis 300 Dukaten im Jahr verdient" (S. 28), bleibt selbstverständlich unbewiesen. Bauers Behauptung, "in Salzburg habe es keinen musikverständigen Adel gegeben" (ebd.), kann angesichts der gut erforschten Sozialstruktur der Salzburger Bevölkerung nur überraschen. Namen, wie z.B. Maria Antonia von Lützow scheint Bauer noch nie gehört zu haben. Ditters von Dittersdorfs Bericht über sein Gespräch mit Joseph II. nimmt Bauer als Tatsachenbericht (S. 41), aber jeder Historiograph weiß, dass solche Alterserinnerungen nur anekdotischen Wert haben und in ihrer Glaubwürdigkeit allesamt mit Eduard von Bauernfelds Erinnerungen an Franz Schubert verglichen werden können. In einer Fußnote (S. 45) stellt Bauer im Zusammenhang mit einem möglichen Geldgeschenk des Kaisers an Mozart nach dessen Rückkehr aus Prag 1787 eine seiner zahlreichen rührenden rhetorischen Fragen: "Möglicher Weise fände sich bei den Ausgaben aus der Privatschatulle ein Hinweis?" "Wissenschaftliche Mitarbeiter", bitte melden! Hier kann Bauer Auskunft erteilt werden: die Ausgabenverzeichnisse der "k.k. Privat- und Familienfonde" (so der Name des betreffenden, was das 18. Jahrhundert betrifft jedoch massiv skartierten Bestandes im Haus-, Hof- und Staatsarchiv) enthalten nur die Ausgaben des Kaiserhauses für offizielle karitative Zwecke, wie z.B. Akademien zur Wohlfahrt und Geldgeschenke an soziale Vereine. Private Douçeurs der Krone wurden niemals schriftlich festgehalten, da der Kaiser Diskretion bewahren und selbstverständlich keine dokumentierten Präzedenzfälle schaffen wollte. Dass Mozart (so Bauer) für die Oper Così fan tutte 450 Dukaten[!] Honorar erhielt (S. 46), ist ein symptomatischer Schlampigkeitsfehler. Ebenso symptomatisch ist die folgende, unbeweisbare Aussage: "Zuletzt erhielt er möglicherweise[!] für die Krönungsoper 'La Clemenza di Tito' KV 621 die stolze Summe von '200 Dukaten und 50 Dukaten Reisegeld'". Es ist nicht einmal sicher, dass Guardasoni Mozart dieses Honorar im Jahr 1789 tatsächlich angeboten hat. Daher ist ein Analogieschluss für La Clemenza di Tito im Jahr 1791 unzulässig. Wenn Bauer im selben Absatz vermutet, "Mozart habe den Überblick über seine Finanzen verloren, weil er vielleicht Gulden mit Dukaten verwechselte", so kann man das nur als heiterkeitserregenden Nonsens betrachten (was auch für die von Bauer verwendeten Termini "Fastkonzert" und "Wiener Allgemeines Krankenspital" gilt).

 

Dass Bauer es für "unverständlich" hält, "dass Mozart nur ein Begräbnis 3. Klasse und kein ehrenvolles an einer würdigen Grabstätte erhielt" (S. 48), zeigt, dass er in der Tradition einer großen Gruppe von Hobby-Mozartologen steht, die offenbar nie begreifen werden, was Josephinismus war und wie die Denkweise jener Zeit den Alltag und den Begräbniskult prägte. Ein paar grundlegende Dinge seien hier gesagt: Mozarts Begräbnis dritter Klasse kostete exklusive Wagen 8 Gulden 56 Kreuzer. Christoph Ritter von Gluck wurde am 17. November 1787 in der Pfarrkirche zu den heiligen Schutzengeln "in der Stille" (also ohne Musik!) eingesegnet. Sein Begräbnis erster Klasse kostete - exklusive Transport des Sarges zum Friedhof vor der Matzleinsdorfer Linie - 28 Gulden 49 Kreuzer, was für einen wohlhabenden Grundbesitzer wie Gluck einen Bagatellbetrag darstellte. Am 11. Oktober 1786 wurde der "k.k. geheime Rat und Vicekanzler bei der vereinigten Böhmisch Oesterreichischen Hofkanzlei, Hofkammer und Ministerial Banco Deputation" Tobias Philipp Freiherr von Gebler in St. Stephan eigesegnet. Sein Begräbnis erster Klasse ("in der Stille") kostete exlusive Transport des Leichnams mit einem sechsspännigen Wagen nach Matzleinsdorf 66 Gulden 48 Kreuzer. Am 19. Dezember 1792 starb in seinem Haus in der Unteren Bräunerstraße der k.k. Hofbuchdrucker, Groß- und Buchhändler Joseph von Kurzbeck. Seit Begräbnis zweiter[!] Klasse kostete ohne Transport 37 Gulden 6 Kreuzer (der Standardpreis dieser Klasse, bei der allein die "Musik fürs Miserere" zwölf Gulden kostete). Kurzbeck war Millionär, Besitzer eines Stadthauses im Wert von 46.000 Gulden und Besitzer der Herrschaft Liesing. Und doch wurde in sein Begräbnis nicht mehr Geld investiert, als der Arzt Leopold Auenbrugger für die Einsegnung seiner Tochter Maria Anna am 26. August 1782 bezahlen wollte. Der jubilierte Hofkapellmeister Joseph Bonno, der im Gegensatz zu Mozart schuldenfrei starb, wurde am 17. April 1788 ebenso wie Mozart dritter Klasse um 8 Gulden 56 Kreuzer eingesegnet. 99 Prozent der Wiener Bevölkerung wurden in der Mozart-Zeit Dritter Klasse beerdigt. Im Lauf meiner wissenschaftlichen Tätigkeit habe ich hunderte aus den 1780er-Jahren stammende Testamente gelesen und die dadurch gewonnene Kenntnis der Prioritäten, die für Mozarts Zeitgenossen angesichts des Todes galten, versetzt mich in die Lage, den Beginn von Mozarts Testament - hätte er eines geschrieben - zu rekonstruieren: "Im Namen der Allerheiligsten und unzertheilten Dreÿfaltigkeit! In Erwägung der Gewißheit des Todes und der Unsicherheit der Stunde desselben habe ich beÿ gesundem Körper und reifem Verstande diese, meine letztwillige Anordnung gemacht. 1tens empfehle ich meine Seele in die grundlose Barmherzigkeit Gottes. Mein entseelter Leichnam soll in der Stille unter der letzten Klasse begraben werden." Diese Rekonstruktion ist relativ einfach, denn so ähnlich beginnen alle Testamente jener Wiener, die während der Regierungszeit Joseph II. zur Mittelklasse zählten. Caroline Pichler schreibt in ihren Memoiren über die Änderung des Zeitgeistes zwischen 1785 und 1845: "Eine der Ersten [Josephinischen Schriften], wo nicht ganz die Erste, war eine Betrachtung über die kostspieligen Leichenfeierlichkeiten, die denn ganz in dem materiellen Geist jener Zeit, der sogenannten Aufklärung, als thöricht, als eine unnütze Verschwendung als eine aus der Gewinnsucht der Geistlichen entstandene Spekulation dargestellt wurden. Vielen Anklang fanden solche Änderungen in der Erkaltung der meisten Gefühle, so wie im Eigennutz der Erben und Verwandten des Verstorbenen. Auch ließ jenes Leichengepränge merklich nach. Man fand es bürgerstolz, unaufgeklärt, altfränkisch, kostspielige Leichenzüge zu veranstalten, Gräber und Grüfte zu ehren, zu schmücken; — und siehe da! sechzig Jahre darnach liest man in jeder Zeitung von irgendeiner hochfeierlicher Bestattung eines oder des anderen ausgezeichneten Mannes und sieht den Luxus, der in unseren Tagen mit eigenen Grabstätten und Denkmählern auf den, gleichsam in Gärten verwandelten Friedhöfen herrscht." (Caroline Pichler, Denkwürdigkeiten aus meinem Leben, Wien 1844, Bd. I, S. 72).

 

Bauers Buch ist gespickt mit unbewiesenen Ex-cathedra-Behauptungen, wie der folgenden: "Als Kompositions- und Klavierpädagoge war Mozart jedenfalls[!] der teuerste Lehrer Wiens." "Sagt wer?" will man hier den Autor fragen. Bauer weiß nichts über die Honorar-Sätze anderer Wiener Klavierlehrer. Die Sache ist nicht so einfach, wie ein "Hobby-Forscher" (©Wolfgang Fuhrmann) vermutet. Betrachten wir einmal den 1739 in Bartošovice in Böhmen geborenen, in Wien tätigen Klaviermeister Florian Urban, der am 22. Juli 1788 in St. Ulrich starb. Dieser unverheiratete Musiker, der ungefähr 25 Jahre in Wien unterrichtet hatte, hinterließ ein Vermögen von 10.859 Gulden 21 Kreuzer, das zum großen Teil aus gut verzinsten Pfandbriefen bestand. Natürlich war Urban eine Ausnahme und die meisten Wiener Klavierlehrer starben in Armut. Aber man kann sich die Lektionspreise eines Pianisten ausmalen, der bei Fürst Dietrichstein 3.000 und bei Graf Wrbna und Freudenthal 2.000 Gulden anlegen konnte. Mozart konnte hier mit seinem angeblich so hohen Einkommen als Klavierlehrer nicht mithalten. Bauers Überlegung, Mozart könnte einen seiner wohlhabenden Verehrer beerbt haben, ist nur der Unterhaltungswert einer kuriosen Idee zuzubilligen. Wenn man nicht gewillt ist, solchen Hypothesen auch archivalische Recherchen folgen zu lassen, sind diese Überlegungen vollkommen wertlos. Ich habe hunderte Sperrs-Relationen aus der Mozart-Zeit studiert, aber dass ein Kapellmeister von einer nicht mit ihm verwandten Person aus purer Verehrung Geld geerbt hätte, ist mir nicht untergekommen. Gerade der wohlhabende, zu Geiz neigende Adel zeigte sich in solchen Dingen (soweit die geringen Überreste der landrechtlichen Aktenbestände darüber Auskunft geben) streng darauf bedacht, das Vermögen in der Familie zu halten.

 

Das Mozarts Wohnungskosten gewidmete Kapitel in Bauers Buch krankt an den unvollendeten Recherchen von Walther Brauneis, der für Bauer die Josephinische Steuerfassion im Wiener Stadt- und Landesarchiv durchsuchte. Statt aber die Mietkosten sämtlicher Wiener Wohnungen Mozarts zu erörtern, beschränkte Brauneis (weil er offenbar schon damals diesem Thema eine eigene Publikation widmen wollte) seine Recherche auf Mozarts Wohnung auf dem Alsergrund, was Bauer zwang, auf Brauneis' fehlerhafte Publikation im Katalog der Salzburger Ausstellung "Mozart. Bilder und Klänge" des Jahres 1991 zurückzugreifen. Ein paar marginale Errata vorweg: Mozarts Hausherr 1781-82 hieß nicht "von Arnstein"[sic!] (S. 90), sondern Theresia Contrini. Im Jahr 1784 war der 1773-76 errichtete Trattnerhof kein Neubau mehr und er beherbergte auch nicht (wie Bauer in seinem unstillbaren Drang zur Übertreibung meint) "ein luxuriöses Casino, einen Konzertsaal, Spiel- und Ballsäle sowie Gesellschaftsräume" (S. 78). Man hatte 1783 in die St. Georgs-Kapelle, die eine Grundfläche von nur 90 m2 hatte, auf der Höhe des ersten Stockwerks eine Decke eingezogen und der dadurch entstandene Raum in den oberen zwei Dritteln des Kapellenraums, in dem Mozart 1784 seine Subskriptionskonzerte gab, war beileibe kein richtiger Saal, sondern eher ein großes, zwei Stock hohes Zimmer, in dem das adelige Publikum nicht einmal Platz zum Sitzen hatte und Mozarts Konzerten stehend beiwohnen musste. Die Nebenräume dieses "Saals" bestanden nur aus vier Zimmern und drei Kabinetten. Der auf S. 75 abgebildete Heumann'sche Kupferstich zeigt nicht den Tiefen Graben, sondern die Hohe Brücke und das am Wildwerkerstraße gelegene Theatinerkloster. Der Theaterdichter Gottlieb Stephanie zahlte zwar 1785 im Haus CNr. 4 am Michaelerplatz 500 Gulden Miete (was wir aus Leopold Mozarts Brief vom 21. Februar 1785 wissen), es wäre aber gut gewesen, könnte uns Bauer auch erzählen, dass Stephanie bereits im folgenden Jahr in ein größeres Quartier im Haus Stadt 1170 (heute Habsburgergasse 10) übersiedelte, wo er 700 Gulden Miete zahlte. Den 700 Gulden Miete, die der Schauspieler Johann Heinrich Müller laut Leopold Mozart zahlte, kann sich Bauer leider nicht widmen, weil Bauer nicht weiß, wo Müller wohnte. Müllers Adresse war Stadt Nr. 9, Stephanies Nachbarhaus Richtung Schauflergasse. Später übersiedelte Müller zwei Häuser weiter Richtung Ballhausplatz ins Haus Schauflergasse CNr. 15, ebenfalls in der Nähe des Burgtheaters. Die von Brauneis unterlassene Erforschung der Mietkosten der Stadtwohnungen Mozarts wurde schließlich im Mai 2009 von mir durchgeführt und im Juni jenes Jahres in einem Aufsatz mit dem Titel "Mozart's Apartment on the Alsergrund" veröffentlicht. Trotz allem Aufbegehren eines "sich überholt fühlenden" Kollegen, der auf seine Priorität freiwillig verzichtete, indem er statt eines Aufsatzes nur einen privaten Brief schrieb (den er heute köstlicherweise eine "Vorveröffentlichung" nennt), wurde diese im August 2010 auch im Druck erschienene Arbeit zu jener grundlegenden Quelle, die heute international zitiert wird. Brauneis blieb drei Jahre später nur die Rolle eines Plagiators, der seine Saumseligkeit mit einem schamlosen Diebstahl meiner Forschungsergebnisse wettzumachen versuchte, indem er (wie z.B. im Fall der originalen Taufeintragung Theresia Mozarts) von mir veröffentlichte Fotos der Primärquellen abschrieb. Von seinem wackeren wissenschaftlichen Mitarbeiter mangelhaft versorgt tappt Bauer durchwegs durch ein Dickicht aus Spekulationen: "Die Wohnung auf dem Judenplatz scheint[!] ziemlich groß gewesen zu sein […] die Miete dürfte[!] in dieser Lage 250 Gulden betragen haben". Die Quellen zeigen jedoch, dass der von Bauer geschätzte Betrag von 250 Gulden für die Wohnung am Judenplatz viel zu niedrig bemessen ist. Bauers Angaben zu Mozarts Mietkosten im Haus Landstraße 224 im Jahr 1787 (S. 80) basieren auf einem Fehler von Walther Brauneis aus dem Jahr 1991 und sind somit falsch. Mozart mietete nicht die kleine ebenerdige Wohnung, die laut Steuerfassion vom Hausherrn genutzt wurde. Dieser bei Bauer ungenannt bleibende Hausherr war der k.k. n.ö. Regierungsmarktkommissär Joseph Urban Weber und nicht (wie von Brauneis 1991 und erneut 2012 irrig angegeben) der k.k. Hofrat Jacob Schosulan, der das betreffende Haus erst am 10. September 1788 erwarb, als Mozart schon lange ausgezogen war. Mozart mietete auf der Landstraße die größte und mit 200 fl Jahresmiete teuerste Wohnung des Hauses im ersten Stock, wo er seinen Billardtisch, sein Personal und vor allem auch seinen Schüler Johann Nepomuk Hummel unterbringen konnte. Die immer wieder (auch von Bauer) vorgebrachte Behauptung, Mozart habe das väterliche Erbe von 1.000 Gulden direkt an Puchberg senden lassen, "weil er bei diesem Schulden hatte", ist nicht beweisbar. Mozarts Erbe ging in erster Linie deshalb an Puchberg, weil Mozart nicht in Wien war und er mit einem Depot bei Puchberg sofort Zinsen lukrieren konnte. Dass (wie Bauer meint) "über die Größe der Wohnung im Haus Stadt 281 nichts bekannt ist", kann sich nur auf Bauer selbst beziehen, denn wie mein Aufsatz aus dem Jahr 2009 zeigt, kann man Mozarts Wohnung mittels der Josephinischen Steuerfassion auf zwei Räumlichkeiten eingrenzen, deren Kosten sich auf 230 oder 250 Gulden beliefen. Es ist absolut nicht bewiesen - und diese Feststellung ist lange überfällig - dass Mozart sich im Jahr 1788 mit Bettelbriefen an Johann Michael von Puchberg wandte, weil er Schulden hatte. Mozarts relativ luxuriöser Lebensstil im Jahr 1788 in einer 200-Quadratmeter-Wohnung auf dem Alsergrund (mit Schuppen für eine Kutsche und Pferdestall) nährt vielmehr die Vermutung, dass Mozart Puchbergs Aushilfen nur als willkommene Zugabe sah und sich einfach die Tatsache zunutze machte, dass ein weichherziger Großhändler sich den wiederholten Schnorrereien eines Logenbruders nicht verschließen konnte. Man darf die theatralischen Verzweiflungsausbrüche in Mozarts Bettelbriefen nicht allzu ernst nehmen. Diese scheinbar so verzweifelten Bettelbriefe haben das Mozart-Bild der Nachwelt in einem Ausmaß geprägt, das ihnen eigentlich nicht zukommt. Es entspricht nicht den Tatsachen, dass (wie Bauer meint) Mozarts Briefe "seine gespannten finanziellen Verhältnisse beweisen" (S. 109). Die Sache erinnert an den Hornisten Joseph Leitgeb, der sich 1777 mit der schönen Geschichte von der "Kässterey gerechtigkeit, die er in einer Vorstatt in Wienn" betreiben wolle, von Leopold Mozart Geld lieh, während in Wirklichkeit die Cerveladmacher-Gerechtigkeit seines Schwiegervaters schon Ende 1763 von dessen Witwe an Johann Rotter verkauft worden war. Anlässlich der Diskussion über Mozarts Wohnung auf dem Alsergrund (S. 82) zeigen sich weitere kuriose Fehler: Walther Brauneis, der noch 1991 schrieb, dass Mozart "in der Josephinischen Steuerfassion zum Stichtag 24. April 1788 in keiner der in Frage kommenden Wohnungen aufscheint", fand zwar 2009 endlich Mozarts Namen in der Steuerfassion, war aber nicht in der Lage, diese Eintragung korrekt zu transkribieren. Die von Brauneis gebrauchte Präposition "Für" vor der Wohnungsnummer kommt in der Quelle nicht vor. Es heißt "Pferde" und nicht "Pferd" und die Kürzelschlinge der Abkürzung des Wortes "H[err]n" hält Brauneis irrigerweise für ein großes E und schreibt "HEn v: Mozart". Bauer erörtert die Tatsache, dass Mozart im Jahr 1788 eine Kutsche besaß und es zeigt sich, dass Bauer - was die Preise von Kutschenfahrten anbelangt - sich tatsächlich für gescheiter als Mozart hält: "Auch die Kutschenfahrten in die Stadt kosteten in Summe mehr als der Komponist vermutete." und: "Hier irrte Mozart. Eine Fahrt aus der Vorstadt kostete bekanntlich[!] 20 Kreuzer" (S. 177). Nein nicht Mozart irrt, sondern Bauer, der wegen seiner "unvollständigen Kenntnisse der Preise" (S. 172) in den Quellen offenbar den Faden verlor. Mozart wusste im Gegensatz zu Professor Bauer genau, was eine Fahrt in die Stadt kostete. Die 20 Kreuzer Fahrtkosten, von denen Mozart im Oktober 1782 in einem Brief an seinen Vater spricht, beziehen sich auf eine Fahrt "hin und zurück", während jene 10 Kreuzer für einen Fiaker in die Stadt, die in Mozarts Brief vom 17. Juni 1788 an Puchberg zur Sprache kommen, natürlich der Preis für eine einfache Fahrt waren. Das Haus Stadt 245, in das Mozart 1789 übersiedelte, hieß nicht "Zur Mutter Gottes", sondern "Zum St. Nikolaus" und die von Bauer präsentierten Mietkosten von "vielleicht[!] 225 bis 250 Gulden" sind viel zu niedrig bemessen. Mozart mietete in diesem Haus selbstverständlich eine der drei Sechs-Zimmer-Wohnungen und seine Mietkosten beliefen sich daher auf 300 bis 400 Gulden. Anlässlich der Beschäftigung mit Mozarts letztem Quartier wiederholt Bauer seine schon im Jahr 1995 präsentierte Behauptung, "Mozart habe Schulden von ca. 5.000 Gulden hinterlassen" (vgl. Salzburger Nachrichten, 3. Juni 1995, S. VIII). Woher Bauer diesen Unsinn hat, bleibt unklar. Tatsächlich beliefen sich Mozarts offizielle (also durch das magistratische Zivilgericht anerkannte) Passiva auf nur ca. 900 Gulden, also nur etwas mehr als ein Jahresgehalt. Die Tatsache, dass Carl von Lichnowsky seine Forderung an Mozarts Verlassenschaft im Dezember 1791 nicht beim magistratischen Zivilgericht geltend machte, ist ein wichtiges Faktum, das in seiner juristischen Relevanz von der Mozart-Forschung bisher nicht ausreichend ad notam genommen wurde. Bauer stellt nun eine Reihe von grandiosen rhetorischen Fragen nach den Ursachen von Mozart häufigen Wohnungswechseln, die er alle unbeantwortet lässt. Sein Versuch, Mozarts "wahrscheinliche Jahresmieten" zu errechnen (S. 86), ist mangels Quellenangaben wissenschaftlich wertlos. Im Kapitel über Mozarts Licht und Heizkosten erwarten uns weitere, in einem Salat von hemmungslosen Spekulationen verborgene Köstlichkeiten. Es ist absolut unerfindlich, aus welchen Gründen uns Bauer in seinem Buch wiederholt einen "in der Nacht arbeitenden Mozart" aufdrängen will. Wohin man sieht, wird uns ein nächtlich schaffendes Genie präsentiert, das sich offenbar aus Gedankenlosigkeit die Augen ruiniert, horrende Heizungs- und Beleuchtungskosten anhäuft und dann tagsüber wegen des Lärms seiner Kinder wahrscheinlich auch keinen Schlaf findet (S. 107). Man fragt sich zurecht, wann Mozart eigentlich sein unermessliches Vermögen verspielt haben soll, wenn nicht des Nachts, zu jener Tageszeit, in der er aber Bauer zufolge unermüdlich seine Meisterwerke schuf. Bauers Behauptung, Mozarts Sohn Johann Thomas sei 1786 "in einem Kindergrab verscharrt[!] worden", kann nur eben solches Staunen erregen, wie die Aussage, dass der Eingang des Figaro-Hauses sich im 18. Jahrhundert in der Domgasse befunden habe. War denn wirklich keiner von Bauers "wissenschaftlichen Mitarbeitern" willens, dieses Buch Korrektur zu lesen? Was hielt Bauer davon ab, sein Manuskript vor der Drucklegung wenigstens Walther Brauneis zu zeigen? Constanze Mozarts Hebamme in den Jahren 1784-91 hieß nicht "Kaudelkin", sondern Maria Anna Kaudelka. Dies ist ihren Verlassenschaftsdokumenten zu entnehmen, die Bauer nicht bekannt sind. Dass Bauer die 1856 in der Morgen-Post publizierten angeblichen Erinnerungen des angeblichen Kellners im Bierhaus "Zur silbernen Schlange" Joseph Deiner für echt hält, und sogar Mozarts Diener "Primus" für jenen Deiner hält, ist keine Überraschung. In einem Buch, das (wie sein Autor vorgibt) wissenschaftlichen Ansprüchen genügt, sollten aber solche märchenbiografischen Miszellen keinen Platz mehr haben. Schon Otto Erich Deutsch hat darauf hingewiesen, dass mehrere Details in diesem Bericht nicht stimmen. Die Hausnummern sind falsch (das Haus 1112 befand sich 1791 am Neuen Markt 16), das Haus Nr. 1074 (zu Mozarts Zeit 1083) hieß nicht "zur silbernen", sondern "Zur goldenen Schlange" und der in diesem Bericht genannte Peter von Braun hatte nichts mit dem Theater auf der Wieden zu tun. Wie sich zeigt, gibt es in dem nicht ad acta gehen wollenden Deiner-Bericht noch andere Unstimmigkeiten. Der Hausmeister Joseph Deiner wurde um 1751 geboren und starb am 29. Mai 1823 im Haus Stadt 1074. Von ihm selbst kann der ominöse Bericht also nicht stammen. Auch die Geschichte von Deiners angeblichem Ziehsohn, der jener von der Morgen-Post als Quelle genannte "Mann aus dem Volke" gewesen sein soll, ist nicht haltbar, denn Deiner hatte keinen Ziehsohn, sondern fünf Töchter. Wie die Steuerfassion zeigt, befand sich 1788 im Haus Nr. 1083 zur "Schlange" kein Wirtshaus und der von Deutsch genannte angebliche Wirt dieses Bierhauses Joseph Preisinger (der bei Robert W. Gutman sogar als Mozarts "Josephus secundus" auftaucht) kann in der Deiner-Geschichte auch keine Rolle spielen. Preisinger, der zum Zeitpunkt seiner Heirat in Mistelbach im Jahr 1768 noch als Obsthändler tätig gewesen war, hatte zwar in den 1770er Jahren in dem Haus Stadt 1083 eine Gaststätte betrieben, wandte sich dann aber einem lukrativeren Geschäft zu und wurde Traiteur im k.k. Militär-Hauptspital, wo er am 29. Juni 1787 - also lange vor der ominösen Deiner-Episode - starb. Bauer, für den Quellenkritik offenbar ein Fremdwort ist, hält den Bericht eines Tratschblatts aus dem Jahr 1856 selbstverständlich für echt und nennt dessen Autor kühn einen "Chronisten" (S. 97). Er befördert Joseph Deiner umgehend zu Mozarts "Don Primus" (S. 111) und nennt ihn amüsanterweise "den braven Diener Deiner" (S. 129). Bauers Reklamation, dass "trotz hoher Schulden für Mozart ein Begräbnis zweiter Klasse für 80 Gulden das mindeste gewesen wäre" ist nichts als eine weitere, auf dem Humus vollkommener Quellenunkenntnis sprießende Blüte. Bauer weiß definitiv nichts über die Josephinische Begräbnisordnung und die Begräbniskosten der Mozart-Zeit. Wie schon erwähnt, gab es nach den Josephinischen Reformen keine Begräbnisse zweiter Klasse um 80 Gulden mehr. Die teuersten Zweite-Klasse-Begräbnisse zu dieser Zeit kosteten 63 fl 21 x. Das lag erstens daran, dass die Kosten durch die Reformen des Jahres 1781 beschränkt waren und zweitens, dass es keine erschwinglichen Expensen gab, die die Kosten eines Begräbnisses dieser Klasse in derartige Höhen hätten treiben können. Natürlich hätte man für Mozart um 20 Gulden ein Requiem singen und um 37 Gulden die Fürstenglocke und die Josephinische Glocke (die alte Pummerin) läuten können, ein Luxus den selbst der Hochadel sich nur in den seltensten Fällen leistete (wie z.B. am 29. September 1790 bei der Einsegnung des Fürsten Karl Esterházy von Galantha, dessen Zeremonie aber auch nur 68 fl 49 x kostete). Wer in aller Welt hätte das im Falle Mozarts bezahlen sollen? Etwa Gottfried van Swieten, dessen eigenes Begräbnis nicht viel teurer war als das des Komponisten? Dass Bauer das teure Begräbnis von Joseph Langes erster Frau in der Michaelergruft am 14. März 1779 (nicht, wie Bauer von Blümml abschreibt, am 15. März) mit Mozarts Begräbniskosten vergleicht, zeigt nur, dass ihm der Inhalt der 1781 von Joseph II. eingesetzten Conducts- und Stolordnung vollkommen unbekannt ist. Es waren genau jene aufwändigen Leichenbegängnisse des Bürgertums, die den Kaiser veranlassten, diesem sinnlosen Pomp eine Ende zu machen und die Kosten der Zeremonien zu beschränken. Im Ozean seiner Vermutungen schwimmt Bauer weiter zum Thema "Dienstboten" und was er einen "erstmaligen Versuch anhand aller verfügbaren Dokumente die Kosten der Wiener Mozart-Dienstboten zu errechnen" nennt, ist zum großen Teil nur eine Anhäufung haltloser Spekulationen, die sich in Unmengen von Konjunktiven manifestiert: "Mutter Mozart könnte bereits damals eine Köchin gehabt haben", "bis zu den drei Italien-Reisen dürfte man mit einer Dienstmagd ausgekommen sein", "bis Mitte März könnte die brave und hübsche Theresel 40 – 50 Gulden gekostet haben, die aber möglicherweise der stolze Vater bezahlt hat", "dort gab es vielleicht auch ein Stubenmädchen", "man dürfte sich mit Tagesdienern beholfen haben", "vielleicht war es diese Frau, die den kleinen Raimund Leopold zu sich in die Vorstadt nahm", "kurzfristig könnte Constanze auch ein Stubenmädchen gehabt haben", "das Jahr 1785 dürfte sehr kostenintensiv gewesen sein", "die vier (?) Angestellten werden um die 160 Gulden gekostet haben", "die zweite Reise nach Prag scheint ohne die Hilfe eines Reisedieners stattgefunden zu haben", "in der Vorstadt könnte man mit drei Frauen ausgekommen sein", "die Kosten sind schwer zu beziffern, trotzdem kann man von jährlich mindestens 200 bis 300 Gulden ausgehen", "der Chronist ist auf begründete Vermutungen abgewiesen", "in Prag dürfte sich Mozart mit einem Leihdiener begnügt haben", "bereits in dem Monat vor der "Zauberflöten"-Premiere könnte sich der ehemalige[sic!] Hausmeister und Kellner (?) nützlich gemacht haben" "in Deiners Bericht könnte viel Wahres stecken", "Mozart könnte für "Bedienung" in den Wiener Jahren über 3500 Gulden ausgegeben haben." Diese Beispiele, die nur etwa zehn Seiten entnommen sind, sind kein Sonderfall. Das ganze Buch ist voll mit solchen Vermutungs-Blasen, die Bauer für Wissenschaft hält. Im Kapitel "Fasane, Austern Champagner und Kaffee" in welchem Mozart natürlich (wie in letzter Zeit üblich) ein "Bohème-Leben" angedichtet wird, bedankt sich Bauer sogar bei einer Mitarbeiterin "für einen Hinweis", der gar kein Hinweis, sondern eine Frage ist, die Bauer natürlich unbeantwortet lässt (S. 127). Wolfgang Fuhrmann brachte diese Spekulationsproblematik in seiner Rezension treffend auf den Punkt: "Die für Amateurforscher (und leider auch nicht nur für diese) typische Gewohnheit, aufgestellte Vermutungen als Tatsachen weiterzubehandeln, raubt dem Buch ebenso die Glaubwürdigkeit wie die immer wieder auftretende methodische Inkonsequenz, doch von den (vermuteten) Einnahmen her die Ausgaben zu berechnen. Solche Manöver sind für den Erkenntnisanspruch ruinös. Die Konjunktive des 'hätte', 'könnte' oder 'dürfte', mit denen Bauer immer wieder arbeitet, summieren sich in Hochrechnungen allzu sehr – da können schnell aus 3000 oder 4000 auch 5000 Gulden im Jahr werden." Die aus den von Bauer genannten Salzburger Löhnen und Essenspreisen gewonnen Erkenntnisse halten sich wegen der schon genannten Währungsdifferenz in Grenzen. Ein paar Errata zwischendurch: das Gasthaus "Zur Ungarischen Krone" befand sich nicht "gegenüber dem Jahn", sondern auf der selben Straßenseite ein paar Häuser östlich Richtung Seilerstätte im Haus Stadt 986 (heute Himmelpfortgasse 14). Der "Kapellmeisterfrack", den Bauer Mozart tragen lässt, war ein Kleidungsstück, das man damals "Frock" nannte und das sich grundlegend vom heutigen Frack unterschied. Dass die in Mozarts Verlassenschaftsabhandlung genannte Garderobe "ein bescheidener Rest von Mozarts umfangreicher und wertvoller Künstlergarderobe" sein soll (wie Bauer behauptet), ist natürlich eine unhaltbare Vermutung, die auch dem Bericht Ludwig Tiecks von dem "kleinen, beweglichen Mann in grauem Überrock" widerspricht. Das auf 1770 datierte Portrait Mozarts am Klavier stammt nicht von Cignaroli, sondern von dessen Neffen Saverio dalla Rosa. Baronin Waldstätten war niemals Klavierschülerin Mozarts. Die Preise des Wiener Schneiders Philipp Otto als Maßstab für Kleidungspreise der Mozart-Zeit zu verwenden, ist so, als wollte man mit den Preisen der Firma Kniže & Comp. am Wiener Graben die Herrenausstattungs-Preise der Gegenwart dokumentieren. Die Preise von Philipp Otto, der im Trattnerhof für sein Geschäft "Zum Franzosen nach der Mode" 500 Gulden Mietkosten zu erschwingen hatte, waren dem Luxussegment zuzuordnen, was man jenen Wiener Archivquellen entnehmen kann, die Bauer unbekannt blieben. Sämtliche "vorsichtigen" Berechnungen Bauers der Kleidungskosten des Ehepaars Mozarts im Jahr 1783 werden ohne Quellen vorgenommen und sind somit wertlos. Es ist einfach absurd anzunehmen, dass weder Mozart noch seine Gattin im Sommer 1783 etwas anzuziehen hatten und (offenbar nur wegen ihrer Heirat) "neue Sommerkleider" anschaffen mussten (S. 140). Bauer postuliert ex cathedra, dass Mozart bei jedem Auftritt bei Hof oder im Burgtheater "einen neuen Galarock" brauchte und jeder Wechsel der Jahreszeit den Kauf "neuer Herbst- und Winterkleider" erforderte (S. 143). Natürlich werden diese seitenlangen Textil-Spekulationen mit der üblichen Dosis von "dürfte", "könnte", "würde" und "darf man durchaus annehmen" serviert. Der von Bauer genannte Preis von "90 bis 150 Dukaten" für einen Wiener Cashmere-Shawl (S. 147) ist selbstverständlich ebenso auf Schlamperei gewachsener Unsinn, wie das Datum "8. Januar 1782" für den Beginn vom Mozarts Reise nach Prag (S. 167). "Die ersten erhaltenen Portraits der Wunderkinder um 1767 (?)", auf die Bauer im Kapitel über Friseure und Perücken verweist, sind nicht authentisch. Die in diesem Kapitel präsentierten Signaturen des "Archivs der Stadt Salzburg[!]", sind allesamt unvollständig und lassen vermuten, dass der Autor diese Quellen nie gesehen hat. Bauers Beschäftigung mit Mozarts Friseurkosten ist von der irrigen Annahme geprägt, dass Mozart in den Jahren 1784-87 noch eine Perücke trug, eine Vermutung, die jeder Dokumentation entbehrt. Bauer hat sich offenbar nie ernsthaft mit der Kulturgeschichte der Perücke in Wien beschäftigt, sonst wüsste er, dass die Blütezeit dieser zeremoniellen Haartracht in Wien zur Zeit des Regierungsantritts von Joseph II. bereits vorüber war. Es gibt kein einziges Porträt Mozarts aus seinen Wiener Jahren, das ihn mit Perücke zeigt. Die Perückenpreise, die Bauer anführt, stammen alle aus den 1760er Jahren und beziehen sich auf Modelle, die in den 1780er-Jahren nicht mehr gebräuchlich waren. Natürlich ließ sich Mozart für seine Reise nach Berlin nicht "eine neue Galaperücke machen". Diese Idee ist fast zu kurios, um sie hier zur Sprache zu bringen. Das Einkommen Franz Hofdemels als Kanzlist der Obersten Justizstelle, das Bauer nur schätzen kann, ist natürlich Hofdemels Sperrs-Relation (WStLA, Mag. ZG, A2, 3730/1791) zu entnehmen, doch Bauers "wissenschaftliche Mitarbeiter" wollten offensichtlich in diese archivalischen Gründe nicht vordringen. Wenn Bauer von "weiteren Dokumentenfunden" in Sachen Friseurkosten schwärmt, die "die bisherigen Resultate vergrößern könnten" (S. 163), so kann man sich leicht vorstellen, wer mit diesen Funden sicher nichts zu tun haben wird. Dass Mozart "fünf bis sieben Prozent seiner Gesamteinnahmen für Haarpflege und Kosmetika ausgab", ist - auch wegen der auf Solomons korrupten Daten basierenden Berechnung - eine vollkommen unhaltbare Spekulation Bauers. Die Konstanten, die die einzelnen Kapitel von Bauers Buch verbinden, sind die hemmungslos hohen Geldbeträge und die gleichmäßig verteilten Heuler, die mit zunehmender Zahl den Exponaten in einer kuriosen Wunderkammer ähneln. Nein, Franz Jacob Freystädtler begleitete Mozart nicht nach Prag. Er hätte sich diese Reise im Jahr 1787 - vor dem Erhalt seines väterlichen Erbes - auch gar nicht leisten können. Den "Diener Joseph", den Mozart zuhause ließ, gab es 1787 noch nicht und die Feststellung, dass von Mozart auf der Hinfahrt "vielleicht[!] ein Reise-Lohndiener mitgenommen wurde, der nirgends erwähnt wird", ist nur ein weiteres Beispiel des Bauer'schen Mottos: "Alles ist vorstellbar, was nicht erwähnt wird". Natürlich tauchen in Mozarts Verlassenschaftsabhandlung nur drei Operntextbücher auf, denn Bauers Vermutung, Mozart habe "ganze Stöße italienischer, deutscher und französischer Libretti besessen und durchgelesen" (S. 180) basiert schlicht und einfach auf einem Irrtum. Es gab natürlich ebenso wie heute auch zu Mozarts Zeit die Möglichkeit, sich Libretti auszuleihen. Warum hätte Mozart für teures Geld schlechte Libretti sammeln sollen? Ebenso irrig ist Bauers Meinung, die Bibliothek des Österreichischen Theatermuseums sei ein Teil der Österreichischen Nationalbibliothek, denn diese Bibliothek gehört zum Kunsthistorischen Museum. Solche Kleinigkeiten sprechen Bände über die fachliche Kompetenz eines Autors. Bauers Spekulationen zu den Transportkosten von Mozarts Klavier sind müßig, denn aus den Rechnungsbüchern der Akademien der Wiener Tonkünstler-Sozietät wissen wir, dass diese Transporte pro Konzert einen Gulden kosteten. Dass "wir wissen, dass Mozart am 4. März 1791 das B-Dur-Klavierkonzert KV 595 im Saal von Ignaz Jahn spielte", ist ein verbreiteter Irrglaube, dem auch Bauer anhängt (S. 200). Tatsache ist, dass wir nicht wissen, welches Konzert Mozart bei seinem letzten öffentlichen Auftreten spielte. In dem "Mozarts wertvollen Möbeln" gewidmeten Kapitel gelingt es Bauer, sein Kuriositätenkabinett trefflich auszustatten. Zu den "unverzichtbaren[sic!] Möbeln" des Ehepaars Mozart in der "Neubauwohnung[sic!]" im "Trattner-Haus[sic!]" zählt er kurioserweise einen "voluminösen Geburtsstuhl aus Eiche" (S. 214), dessen Aufbewahrung ihm jedoch "ein Rätsel" ist. Was die Größe der Mozart-Wohnung im Trattnerhof anbelangt, ist Bauer durchwegs auf Spekulationen angewiesen. Es ist aber sicher nicht richtig, dass Mozart "zwei große Räume" bewohnte, denn dafür war diese Wohnung an einer Nobeladresse mit 130 fl Jahresmiete doch zu billig. Ähnliches Unwissen überschattet Bauers Vermutungen über die Größe von Mozarts Wohnung am Judenplatz im Jahr 1789/90. Die Steuerfassion zeigt (und es kommt nur eine der drei großen Wohnungen in diesem Haus in Frage), dass dieses Quartier aus mindestens sechs Zimmern bestand. Bauers Behauptung, "professionelle Möbellagerung sei noch unbekannt gewesen" (S. 215), ist selbstverständlich falsch. Die gesamte Abhandlung der Mobiliarfrage ist geprägt von falschen Wertangaben der Möbel, die auf dem bereits genannten irrigen Schätzungsschlüssel basieren. Bauer scheint sich seiner Zahlen selbst nicht sicher zu sein, denn einmal bezeichnet er sie in überraschender Offenheit als "unsere Vermutungen". Im Kapitel "Tafelsilber und Geschirr" wird das gewohnte Niveau spekulativer Unwissenschaftlichkeit konsequent durchgehalten, wobei nebenbei auffällt, dass Bauer mit der neuen S-Schreibung seine liebe Not hat. Natürlich findet sich das Besteck Mozarts nicht in dessen Sperrs-Relation, denn sein Wert war einfach zu gering und wo Mozarts Silbergeschirr geblieben war, ist für Bauer zwar "ein Rätsel" (S. 229), aber es ist doch sehr wahrscheinlich, dass Mozart dieses Silber schon verkauft hatte. Wenn Bauer uns einen Schüler Mozarts mit dem Namen "Ignaz Xaver Seyfried" präsentiert (S. 227), zeigt sich in diesem Detail erneut, dass er von Mozarts Welt und den Komponisten der Wiener Klassik Lichtjahre entfernt ist. Der Musiker, den Bauer meint, hieß mit vollem Namen Ignaz Joseph Maria Franz de Paula von Seyfried. In seinem wahrhaft pitoyablen Unwissen versteigt sich Bauer tatsächlich zu der Aussage, Mozart sei in einem "damals üblichen Massengrab" beerdigt worden (S. 230). Tatsache ist, dass es 1791 in Wien keine Massengräber gab. Auch Sackbegräbnisse und Klappsärge wurden in Wien nie zugelassen. Weil die Bevölkerung sich zurecht an grässliche Pestzeiten erinnert fühlte, ließ der Wiener Magistrat die Punkte 4-6 der josephinischen Begräbnisordung von 1784 niemals in Kraft treten. Doch von solchen nebensächlichen Fakten lässt sich Professor Bauer nicht verwirren. Mozart besaß nicht erst ab 1790 ein Pferd, sondern schon 1788 (wozu sonst hätte er auf dem Alsergrund einen Stall mieten sollen?) und der Preis von "30 Dukaten für ein gutes Reitpferd", den Bauer nennt, entstammt definitiv dem Luxuskatalog des Wiener Hochadels. Die abschließende Liste von Ausgaben für Haushaltsgeräte, die sich Bauer zufolge auf 1.343 Gulden summieren, wirkt mit ihren wild überhöhten Preisen wie eine Karikatur. Als ebenso beispielhafte wie symptomatische Absurdität sei nur angeführt, dass Bauer die Kosten des Fantasiepostens "Singvögel, Tiere für Carl Thomas" auf 120 Gulden schätzt.

 

Das Kapitel "Goldene Uhren, Schmuck und Tabatieren" ist natürlich eine besonders schöne Spielwiese für Bauers hemmungslosen Spekulationsdrang und es kann nicht überraschen, dass er Mozart geradezu unter einem Berg von Schmuck, Uhren und Tabatieren begräbt. Natürlich sprüht dieses Kapitel ebenso von köstlichen Irrtümern und Missverständnissen, aber der beste Teil ist doch jener, in dem sich Bauer mit Constanze Mozarts elfreihigem Perlencollier befasst und tatsächlich "wissenschaftlich zu kombinieren" beginnt. In einem seiner Bettelbriefe an Puchberg erwähnt Mozart im Mai 1790 einen Galanteriewarenhändler am Stock im Eisen, bei dem er 100 Gulden Schulden habe. Bauer identifiziert diesen (wie er ihn nennt) "Handelmann" als Galanterie-Händler Johann Georg Haas, der am Stock im Eisen unter dem Namen "Zum König von Ungarn" ein Geschäft betrieb. Kurioserweise benennt Bauer Haas in "Häas" um, was daran liegt, dass er eine Warenliste des Haas'schen Geschäfts gefunden hat (S. 295), auf der sich durch einen Kratzer auf der Druckplatte zwei Striche über dem ersten "a" in Haas' Namen befinden. Natürlich hieß dieser Händler Haas, denn den Namen "Häas" gab es nicht und auch sämtliche zu Haas gehörige Quellen im Wiener Stadt- und Landesarchiv und in Wiens Pfarrarchiven sind in diesem Punkt völlig eindeutig:

 

Die Unterschrift des Wiener Händlers Johann Georg Haas (1754 - 1826) auf seinem Ehevertrag

 

Bauer hätte den richtigen Namen auch auf Google-Books im Handelstands-Kalender von 1792 oder im Vollständigen Auskunftsbuch von 1803 eruieren können. Es zeigt sich jedoch, dass er das halluzinierte Umlaut-A in "Häas" dringend braucht, um Constanze Mozarts Perlencollier mit Mozarts Schuld und Johann Georg "Häas" in Verbindung zu bringen. In ihrem Testament vom 23. Juni 1841 vermachte Constanze ihren Söhnen dieses Collier mit den folgenden Worten: "11 Schnüre gute Perlen mit Elfenbein-Schließe, von dem berühmten Hesse in Brillanten gefaßt". Bauer identifiziert diesen "berühmten Hesse" (der als "Heße" auch im Anhang des Testaments vorkommt) nun tatsächlich mit dem Wiener Galanteriewarenhändler Johann Georg Haas, den er natürlich um dieser gequälten Identifikation willen "Häas" nennen muss. Wer aber auch nur ein bisschen über Schmuck und Elfenbeinplastik im 18. Jahrhundert weiß, erkennt augenblicklich, dass es sich bei dem "berühmten Hesse" nur um den tatsächlich berühmten Sebastian Heß (1732-1800), oder seinen jüngeren Bruder Paul Heß (1744-1798) handeln kann. Diese beiden aus Bamberg stammenden Elfenbein-Graveure (wie sie sich selbst nannten) sind wegen ihrer mit unerklärlicher Meisterschaft angefertigten Miniaturplastiken aus Elfenbein vor blauem Grund bis heute legendäre Gestalten der Kunstgeschichte. In jener Welt der messerscharfen Kombinatorik aber, die uns Professor Bauer als "Mozart-Forschung" präsentiert, kann auch ein marginaler Wiener Galanterist namens "Häas" Berühmtheit erlangen, der aufgrund der damaligen Rechtslage gar nicht zum Verkauf von Perlen befugt war. Mit diesem schönen Beispiel Bauer'scher Forschung, die sich in astronomischer Entfernung vom 18. Jahrhundert und dessen Quellen bewegt, ist das ganz Buch charakterisiert. Es glitzern natürlich noch allerorten erstaunliche Perlen unterhaltsamsten Nonsens', wie z.B. die Idee, dass Mozart nach den Begräbnissen seiner Kinder Leichenschmäuse veranstaltete, oder die willkürliche Umdatierung von Ferdinand Zitschkys Lotto=Tariff ins Jahr 1790. Durch das blinde Abschreiben der schlechten Sekundärliteratur kommt auch so manches alte Märchen ans Tageslicht, wie z.B. die Geschichte von Angelo Soliman, der sich "mit in einer Nacht gewonnenen 20.000 Gulden ein Häuschen in der Vorstadt kaufte". Nein, Solimans Haus unter den Weißgerbern wurde schon am 12. Oktober 1767 von der aus Brüssel gebürtigen Magdalena Christian erworben, die erst vier Monate später Angelo Soliman heiratete. Natürlich muss uns Bauer zum Abschluss seines Buches Mozart als manischen Spieler präsentieren, was wohl einerseits daran liegt, dass Bauer Spielforscher ist und andererseits in der Notwendigkeit begründet ist, dass Mozart sein vieles Geld ja auch wieder losgeworden sein muss. Betrachtet man nämlich die astronomischen Einnahmen, die Bauer dem Komponisten in seinem Buch andichtet, wird klar, dass Mozarts Lebenseinkommen (nach Bauer), sein Arbeitspensum und sein doch relativ bescheidener Lebensstil ohne massiven Geldabfluss nicht auf einen Nenner zu bringen sind. Bauers fantastisches Finanz-Szenario ist nur dann haltbar, wenn der reichste Komponist der Wiener Klassik, zu dem Bauer Mozart macht, mit möglichst geringem Zeitaufwand Unmengen seines Geldes am Spieltisch verlor. Ergo wird der "manischen Spieler" Mozart als historisches Faktum präsentiert und sämtliche Zweifel, die angesichts mangelnder Quellen aus wissenschaftlicher Sicht stets höchst angebracht waren, werden endlich über Bord geworfen.

 

Selbstverständlich wurde Bauers Buch in Presse-Rezensionen als "akribisch" und "penibel recherchiert" bezeichnet. Es wäre allerdings ein Alarmsignal, würde die immer gleiche Gruppe von Journalisten, die alle glauben, sie wüssten schon von Berufs wegen, was eine Recherche ist, ein anderes Urteil fällen. Bauer agiert 100% primärquellenfrei. Auch im Salzburger Landesarchiv bereitet die Tatsache, dass Bauer dieses Haus als Benutzer noch nie betreten hat, den Archivaren Anlass für allerlei eindeutige Bemerkungen. Der Ozean an wissenschaftsfreiem Unsinn, der sich dem Leser in Bauers Buch erschließt, sprengt alle Dimensionen. Hier agiert ein von sich vollkommen überzeugter Emeritus, der sich tatsächlich für einen Mozart-Forscher hält und daher jede noch so kleine, ebenso unbewiesene wie redundante Überlegung zu den Kosten des Mozart'schen Alltagslebens für relevant hält. Und mit jedem Gulden, den er Mozarts Einkommen wachsen lässt, wächst für ihn seine eigene Bedeutung als "bahnbrechender Mozart-Forscher". Bauers haltlose Vermutungen folgen stets einer banalen Regel: "Die Höhe von Mozarts Einkommen ist nach oben offen und je mehr ich Mozart verdienen lasse, desto mehr Aufsehen wird mein Buch machen!" Bauers Unbedarftheit ist symptomatisch für jene Art autosuggestiver Methodik, die heute viele Autoren glauben macht, über Mozart zu lesen und zu schreiben, sei schon Mozart-Forschung. Die Folge dieser verfehlten Sicht ist eine wachsende Zahl von "wissenschaftlichen" Büchern, die aufgrund der Isolation ihrer Autoren in einem Paralleluniversum des "ich mach' es, also kann ich es" an jene obstinate Realitätsverweigerung erinnern, die der amerikanische Satiriker Bill Maher "dispatches from the bubble" nennt. Der amerikanische Mozart-Forscher Dexter Edge findet zu diesem Phänomen drastischere Worte: "Mozart scholarship consists almost entirely of evidence-free thinking, leavened by a large dose of cynical lying." Besonders krasse Beispiele solcher Publikationen zum Thema Mozart waren in den letzten Jahren Tadeusz Krzeszowiaks Freihaustheater in Wien 1787-1801 (Wien 2009) (ein nahezu 100% steuergeldfinanziertes, wissenschaftlich vollkommen wertloses Buch) und in jüngster Zeit Eva Gesine Baurs Emanuel Schikaneder. Der Mann für Mozart (München 2012), das Werk einer "Kulturhistorikern", die nach "eineinhalb Jahren Recherche" noch immer glaubt, Mozart und Schikaneder seien mit Klappsärgen beerdigt worden. Rezensionen von Experten, die die Mängel dieser Publikationen schonungslos aufzeigen würden, werden von feigen Herausgebern als "zu scharf" abgelehnt. Bauers "Überlegungen und Schlussfolgerungen" (die er noch als "vorsichtig" bezeichnet) werfen tatsächlich "eine Reihe von Fragen" auf, die jedoch anders lauten als Bauer uns glauben machen will. Nämlich: a) wie weit muss sich ein Professor emeritus der Spielforschung in eine Parallelwelt verstiegen haben, um jede ohne Quellenbeleg vorgebrachte Spekulation für Wissenschaft zu halten? Und b) sollte die Tatsache, dass Bauers zahlreiche Geldgeber seine mozartologische Tätigkeit tatsächlich für förderungswürdig halten, uns nicht veranlassen, die Karikatur zu erkennen, zu der große Teile der Mozart-Forschung heute geworden sind? Es mag natürlich stimmen, dass (wie Bauer prophezeit) "das Auftauchen von Briefen, Tagebüchern, Haushaltsbüchern, Preislisten und Rechnungen die begonnene Forschungsrichtung[!] zu Mozarts Alltagskultur beleben und bereichern werde". Aber abgesehen davon, dass in den letzten 50 Jahren auf diesem Gebiet nur minimale Quellenfunde gelangen, werden archivscheue Fernforscher vom Schlage Bauers bei dieser Belebung und Bereicherung nur eine minimale Rolle spielen. Bauers Traumwelt des "alles in Mozart Leben ist möglich, was mir möglich erscheint" lässt nicht so sehr Mozart "in einem neuen Licht erscheinen" (S. 69), sie beleuchtet vielmehr jene Sorte armseliger Wissenschaftsbelletristik, die heute gnadenlos die seriöse Wissenschaft metastasiert.

 

Günther G. Bauer ist kläglich gescheitert, was nicht nur an seiner mangelnden Qualifikation als Mozart-Forscher liegt. Das Thema "Mozarts Finanzen" kann unter Beschränkung auf Mozarts Vita nicht sinnvoll behandelt werden. Es hat keinen Sinn, über Mozarts Geld und Geld der Mozart-Zeit zu schreiben, solange man keine andere Wiener Verlassenschaftsabhandlung aus dem 18. Jahrhundert kennt, als jene Mozarts. Gerade Themen des Alltagslebens und seiner Finanzierung sind ohne historischen Kontext nicht erforschbar. Diesen Kontext in allen Details zu erfassen, verlangt allerdings großen Arbeitsaufwand und langwierige archivalische Recherchen. Bauer war nicht gewillt, sich dieser Aufgabe zu stellen.

 


© Dr. Michael Lorenz 2012. Alle Rechte vorbehalten. Im Internet veröffentlicht am 30. Oktober 2012.             nach oben