Michael Lorenz

Die "Enttarnte Elise". Elisabeth Röckels kurze Karriere als Beethovens "Elise"

 

Abstract

 

In June 2009, the German magazine Der Spiegel reported that the musicologist Klaus Martin Kopitz had found proof that the singer Elisabeth Röckel, who in 1813 became Johann Nepomuk Hummel's wife, was the woman for whom Beethoven wrote his famous piano piece WoO 59 "Für Elise". Kopitz claimed that her name being given as "Maria Eva Elise" in a baptismal entry of her first son in 1814 proves that "Mrs. Hummel called herself Elise", and, since she was known to have been on close terms with Beethoven – who according to Schindler once had intended to marry her – there could be no doubt that the old riddle of the dedicatee's identity had finally been solved. A closer scrutiny of the archival sources, most of which remained unknown to Kopitz, shows however that his hypothesis is based on flimsy evidence and cannot be upheld. Since Frau Hummel was not present at the christening of her son, the names given, "Maria Eva Elise", were the result of an arbitrary decision on the part of the officiating priest. There is not a single document where Frau Hummel called herself "Elise". She called herself "Betty" or "Maria Eva Hummel". The only members of the Röckel family who can be shown to have carried the name Elise are Röckel's mother and her youngest sister Eva Elisabeth (who sometimes also signed herself "Maria"). In 1867 Ludwig Nohl published Beethoven's piano piece by permission of the possessor of the autograph, a certain Babette Bredl in Munich who claimed to have received the music as a gift from Beethoven’s friend Therese von Droßdik, née Malfatti von Rohrenbach zu Dezza (1792-1851). Kopitz is unable to explain how the autograph, which Beethoven supposedly gave to Röckel, ended up in Munich. In 1925 Max Unger was the first to come up with the idea that the piece was actually written for Therese Malfatti, whom Beethoven in 1810 intended to marry, and that the dedication "Für Elise" might actually have read "Für Therese". In Therese von Droßdik's will, published by the present writer in 2001, she leaves her piano and all the music in her possession to her friend the composer and pianist Josef Rudolf Schachner (1816-1896) who in later life resided in Munich. On the available evidence it seeemed to the present writer that the lost autograph probably came to Munich with Schachner, and that the latter could well have been a relative of Babette Bredl; in fact previously unpublished documents in the Bavarian State Archives pertaining to Frau Bredl's estate prove that Babette Bredl (1792-1880) was Schachner's unmarried mother. According to Bredl's will, Schachner was her sole heir, which makes it very plausible that the autograph came back to Schachner in 1880. It should therefore be searched for in his musical estate, this consisting of unpublished scores and other musical documents, the whereabouts of which are currently unknown.

 

Wäre Beethovens Albumblatt WoO59 "Für Elise" nicht das bekannteste Klavierstück der Welt, die Frage nach der Identität jener "Elise" wäre eine der großen Nebensachen der Musikgeschichte. Da nun aber das Stück als ein weltumspannender Ohrwurm für immer unter uns lebt und immer noch unbekannt ist, wen Beethoven mit seiner auf dem verschollenen Autograph angebrachten Widmung "Für Elise am 27 April [1810] zur Erinnerung von L. v. Bthvn" im Sinn hatte, wird dieses ungelöste Rätsel seine Faszination nicht so bald verlieren. Am 22. Juni 2009 erregte eine Notiz in der Zeitschrift Der Spiegel große Aufmerksamkeit:

 

Die enttarnte Elise

Generationen von Klavierschülern haben das Stückchen "Für Elise" geübt, Handys nutzen das Didelideli-Dadidadumm als Klingelton – aber welcher Dame Ludwig van Beethoven 1810 seinen Rondo-Ohrwurm widmete, darüber streiten Experten seit langem. Hatte sich der Entzifferer des Originalmanuskripts, das heute verschollen ist, etwa verlesen – ging das Notenblatt vielleicht an eine "Therese"? Nein, erklärt jetzt der renommierte Beethoven-Forscher Klaus Martin Kopitz. Im Archiv des Wiener Stephansdoms hat er entdeckt, dass sich Elisabeth Röckel (1793 bis 1883), jüngere Schwester eines mit dem Komponisten befreundeten Opernsängers, selbst Sopranistin und später Gattin von Beethovens Freund und Rivalen Johann Nepomuk Hummel, des Öfteren Elise nannte. Gern schäkerte der Ton-Titan mit der netten jungen Dame herum; nach Beethovens Tod bewahrte sie eine Locke seiner Haare und eine seiner Schreibfedern als Andenken auf. Kopitz ist sich des Indizienbeweises sicher; nächstes Jahr wird er ihn in den "Bonner Beethoven-Studien" ausführlich darstellen.[1]

 

Maria Eva Hummel 1814

Maria Eva Hummel im Jahr 1814, Gemälde von Joseph Willibrord Mähler (Düsseldorf, Goethe-Museum, 2871)

 

Dieser kurze Artikel, dessen Inhalt bald via APA als Sensationsmeldung in den unkritischen Boulevard schwappte[2], erregte in Fachkreisen Verwunderung. Warum sollte es ein "renommierter Beethoven-Forscher" für nötig halten, seine Forschungsergebnisse in journalistischer Atemlosigkeit in einem Wochenmagazin zu vermelden? Vor dem Erklingen dieses Marktschreis war Kopitz in Wiens Bibliotheken und Archiven nie gesehen worden und das Ergebnis seiner "Entdeckung" kam für Wiener Kollegen doch überraschend. Über ein Jahr später sollte man die Meldung im Spiegel eigentlich als Kuriosität abtun, weil sie aber bei näherer Untersuchung ein schönes Exempel für die unvorstellbare Seichtheit der Präsentation wissenschaftlicher Miszellen in den Printmedien darstellt, sei diese Notiz auf ihren unmittelbaren Wahrheitsgehalt geprüft: Es ist natürlich nicht wahr, dass "Experten streiten", wem Beethoven das bewusste Klavierstück widmete. Da das Autograph von WoO 59 seit 1867 verschollen ist, kam bisher nur eine Kandidatin mit geringer Sicherheit in Frage, andere Damen hingegen konnten wegen des Namens vollkommen ausgeschlossen werden, was jeden Streit müßig machte. Das "Renommee" des Beethoven-Forschers Kopitz ist als Streitpunkt schon weit besser geeignet. Mir war Kopitz bis dahin nur durch seltsame Ansichten zur Identität der "Unsterblichen Geliebten"[3] und sein in biographischen Details fehlerhaftes Buch Beethoven aus der Sicht seiner Zeitgenossen in Tagebüchern, Briefen, Gedichten und Erinnerungen aufgefallen. Ein erschreckend schwacher Aufsatz über Haydns Wiener Wohnungen[4] konnte meinen Respekt auch nicht fördern. Kopitz ist in erster Linie ein mit blühender Fantasie gesegneter, renommierter Burgmüller-Forscher. Im "Archiv des Wiener Stephansdoms" entdeckte Kopitz nichts, den er hatte zum Zeitpunkt seiner Verlautbarung in der Presse das Archiv der Dom- und Metropolitanpfarre St. Stephan (so der richtige Name dieser Institution) noch nie betreten. Er verfügte nur über die Fotokopie einer Seite aus einem Taufbuch, die ihm jener Archivar geschickt hatte, der für Kopitz die Eintragung gesucht hatte. Dass sich Frau Röckel "des Öfteren Elise nannte", ist eine Behauptung, die allein Kopitz' Fantasie entsprang und deren Richtigkeit durch keine einzige Quelle belegt ist. Frau Röckel nannte sich des Öfteren "Maria Eva" und "Betty". "Elise" nannten sich nur ihre Mutter und ihre Schwester – doch davon später. Wie sich bald herausstellte, basierte Kopitz’ Absicht, seinen "Indizienbeweis nächstes Jahr in den Bonner Beethoven-Studien ausführlich darzustellen"[5] auf großem Optimismus, denn er hatte vor seiner Ankündigung unterlassen, vom Herausgeber dieser Zeitschrift eine Zusage für die Publikation einzuholen. Infolge des von Kopitz ausgelösten Mediengetöses war in Bonn die Begeisterung für dieses Thema begreiflicherweise endenwollend und Bernhard Appel lehnte "nach eingehender Lektüre und sorgfältiger Prüfung"[6] die Veröffentlichung des Aufsatzes ab. Die angebliche Sensation sickerte als Agenturmeldung bis nach Sri Lanka, Kopitz' "ausführliche Darstellung" mit dem Titel »"… aus lauter Zuneigung immer in den Arm gekniffen" Beethoven, Elisabeth Röckel und das geheimnisvolle Albumblatt "Für Elise"«[7] blieb jedoch unveröffentlicht. Mangels einer seriösen Publikation begann nun eine konzertierte Aktion auf Wikipedia, deren Zweck es war, Elisabeth Röckel unter Berufung auf die Meldung im Spiegel in "Beethovens Elise" umzumodeln, wobei sich die Wiki-Autoren IP 88.73.22.41 (Kopitz), "Geheimnisforscher"[8] (Kopitz) und "Die schlaue Sylvana" besonders aktiv zeigten. Da die Literaturangaben dieser Autoren den Wikipedia-Richtlinien widersprachen (Zeitungsmeldungen und "in Vorbereitung befindliche" Aufsätze können nicht als Literatur gelten), wurde diesem Treiben am 8. Juli 2009 von einem Wiki-Administrator ein Ende gemacht. Kopitz hielt mit seinen Erkenntnissen nicht hinterm Berg und verschickte seinen unveröffentlichten Aufsatz bereitwillig an Kollegen.[9] Die beiden Hauptargumente seiner Hypothese waren folgende: 1) Weil Frau Hummel anlässlich der Taufe ihres ersten Sohnes Eduard am 9. Mai 1814 vom Domkurat Franz Schmid mit den Vornamen "Maria Eva Elise" in das Taufbuch eingetragen wurde, "habe diese sich in Wien 'Elise' genannt". 2) Weil Anton Schindler Gerhard Breuning im Jahr 1863 erzählte, dass "Beethoven Frau Röckel geliebt habe und sie heiraten wollte", und eben jene Frau Röckel (damals schon verwitwete Hummel) Ludwig Nohl berichtete, dass Beethoven sie während eines Essens im Beisein von Mauro Giuliani "gestupft, geneckt" und "aus Zuneigung in den Arm gezwickt"[10] habe, sei erwiesen, dass Beethovens mysteriöse "Elise" niemand anderer als Frau Röckel gewesen sein kann. Die Klapperdürre dieser beiden Säulen seiner Hypothese war indirekt proportional zu jener Grandiosität, mit der sich Kopitz in den Medien als Löser eines alten Rätsels feiern ließ.[11] Es galt offenbar, mit selbstbewusstem Auftreten und einer "breit gestreuten Vorveröffentlichung" (wie Kopitz das nannte) alle eventuellen Zweifel im Keim zu ersticken.

 

Kopitz entschloss sich, seinen Aufsatz nicht zu publizieren, sondern ihn etwas zu erweitern und in ein kleines Buch umzuarbeiten, das im Frühjahr 2010 unter dem Titel "Beethoven, Elisabeth Röckel und das Albumblatt 'Für Elise'"[12] im Verlag Dohr erschien. Die Buchfassung unterscheidet sich in ein paar Details von der ursprünglichen, nicht publizierten "detaillierten Darstellung": die Biographie Elisabeth Röckels ist ausführlicher gestaltet und mit längeren Literaturzitaten versehen. Das Buch enthält außerdem den Abdruck des Albumblatts „Für Elise“ in der Ausgabe von 1870 und dank einer freundlichen Mitteilung Rita Steblins, die im März 2010 gegenüber dem Leiter des Beethoven-Hauses Bernhard Appel ihre Bedenken äußerte, weiß Kopitz nun, dass es sich bei jenem rätselhaften Maler, der um 1814 die Porträts[13] des Ehepaars Hummel anfertigte, nicht um den (damals 17jährigen) "dänischen Bildnismaler Frederik Møller (1797–1871)", sondern um Joseph Willibrord Mähler handelt.[14] Was die Identifikation Röckels als "Elise" anbelangt, legt Kopitz keine neuen Indizien vor, beschränkt sich auf die schon genannten Argumente und beschreibt erneut in allen Details seine unwissenschaftliche, von heftigem Wunschdenken geprägte "Geheimnisforschung". Die von Kopitz präsentierte Entdeckung des Kölner Organisten Johannes Quack, dass Beethoven "die Tonbuchstaben des Namens E-L-I-S-E in das Anfangsmotiv eingearbeitet habe, wobei das S (Es) enharmonisch vertauscht als Dis erscheine"[15], leistet keinen Beitrag zur Identifikation der Widmungsträgerin und könnte nur als Argument dafür dienen, dass sich Ludwig Nohl bei der Transkription der Widmung nicht geirrt hat und das Klavierstück tatsächlich einer Elise gewidmet wurde.

 

Klaus Martin Kopitz gebührt Dank, denn seine „Elise-Theorie“ wird Musikhistorikern in Zukunft als klassisches Beispiel dienen, wie es einem ergehen kann, wenn man sich Quellenforschung vor Ort ersparen zu können glaubt. Komplizierte Fragen in Biographien historischer Personen sind allein mit wackerem Literaturstudium und der Fotokopie einer Taufeintragung nicht zu beantworten, denn die Beschäftigung mit solchen Themen bedarf aufwändiger archivalischer Recherchen. Nur mit einer cleveren Idee, die man der Presse als „Des Rätsels Lösung“ hinwirft, riskiert man auf dem Feld der historischen Musikwissenschaft eine saftige Blamage. Maria Eva "Elisabeth" Röckel, verheiratete Hummel (1793-1883) war nicht Beethovens "Elise" und ich gestehe offen, dass es Vergnügen bereitet, die zahlreichen Quellen zu nennen, die Kopitz' Theorie widerlegen und ihm aufgrund seiner erstaunlichen Rechercheunwilligkeit unbekannt blieben. Jene Punkte, an denen Kopitz' Hypothese mangels dokumentarischer Basis unhaltbar ist, ja geradezu (wie man in Wien sagt) "aus dem Leim geht", seien in der Folge mit allen wichtigen Details erläutert.

 

Eduard Joseph Hummels Taufeintragung 9. Mai 1814

Eduard Joseph Hummels Taufeintragung am 9. Mai 1814 (Dompfarre St. Stephan, Taufbuch Tom. 106, fol. 39)

 

Die Eintragung im Taufbuch der Wiener Dompfarre anlässlich der Taufe Eduard Hummels am 9. Mai 1814[16] beweist nicht, dass Frau Hummel "sich selbst Elise nannte". Die Mutter des Kindes war bei der Taufe nicht anwesend, denn sie durfte zur Prophylaxe des Kindbettfiebers mindestens neun Tage das Bett nicht verlassen. Angesichts der Tatsache, dass Domkurat Schmid trotz der Prominenz des Vaters auf die Identifikation der Eltern durch zwei Zeugen bestand, kann nicht einmal als sicher gelten, dass der Kindesvater der Taufe beiwohnte. Als Vertreter der Familie sicher anwesend waren nur der Onkel des Kindes Alexander Röckel, der Zeuge und "bürgerliche Handlsmanns-Sohn" Franz Rohrer[17], der Taufpate Joseph Perger (zu denen Kopitz keinerlei Recherchen anstellte) und wahrscheinlich die Hebamme. Frau Hummels Taufnamen lauteten "Maria Eva". Warum sie diesen beiden Namen noch "Elisabeth" hinzufügte, ist Kopitz ebenso rätselhaft wie seinen Lesern die Logik des folgenden Satzes: "Warum sie [Röckel] beide Namen später ablegte und den Vornamen ihrer Mutter annahm, ist nicht bekannt, eine Verwechslung mit einem ihrer zahlreichen Geschwister aber ausgeschlossen, da sie zwanzig Jahre später, bei ihrer Heirat mit Johann Nepomuk Hummel, ihr Alter mit zwanzig Jahren angab"[18]. Kopitz irrt. Den dritten Vornamen Elisabeth trug Maria Eva Röckel als selbstgewähltes Erbstück ihrer Mutter Elisabeth und um sich von ihrer jüngsten Schwester Eva Elisabeth zu unterscheiden, die sich (solange ihre Schwester in Wien weilte) "Maria" nannte. Wenn Kopitz Röckel in seinem Buch fortgesetzt "Elisabeth" nennt, ist das falsch und eine bewusste Irreführung des Lesers. Dass es nur ein einziges Dokument gibt, in dem Maria Eva Röckel mit dem Zusatz "Elise" erscheint, hat seinen Grund darin, dass diese abgekürzte Namensvariante im Taufbuch ausschließlich auf dem momentanen Belieben des Domkuraten Schmid beruhte. Im Archiv der Dompfarre befindet sich eine mehrere Jahrzehnte umfassende zweite Serie von Taufbüchern, die sogenannten Rapulare, die als "endgültige Fassung" aus den eigentlich nur als Provisorium gedachten Originalbüchern kopiert wurden. In der Kopie der originalen Taufeintragung ist der Name "Elise", auf den Kopitz seine ganze Hypothese baut, nicht mehr vorhanden, was so nebenbei die völlige Beliebigkeit und Irrelevanz dieser Namenskürzung beweist. Die Mutter erscheint in dieser Abschrift nun als "Mar. Eva Elisabeth[!] geb. Röckl".[19]

 

Tauf-Rapular von 1814

Die Taufeintragung Eduard Hummels in der Reinschrift des Rapulars von 1814. "Elise" heißt wieder Elisabeth. (Dompfarre St. Stephan, Tauf-Rapular 1811-14, fol. 374)

 

Kopitz scheint zu ahnen, dass die Sache doch nicht ganz so einfach ist, denn er widerspricht einmal ganz offen seiner eigenen Hauptthese: "Es ist unklar, warum Elisabeth Röckel mit diesem Vornamen in die Musikgeschichte einging, denn sie selbst scheint ihn nicht benutzt zu haben."[20] Nein, Maria Eva Röckel benützte diesen Namen nicht und wie ihr Brief an Baron Wächter aus dem Jahr 1817 zeigt, nannte sie sich nicht Elisabeth, sondern "Betty".[21] Wenn es galt, einen Taufschein vorzulegen, oder sich dokumentarisch auf jene Vornamen zu berufen, unter denen sie (diesem Taufschein entsprechend) geheiratet hatte, nannte sich Frau Röckel (bzw. Hummel) ausschließlich "Maria Eva".[22] Kopitz war nicht willens, den Quellen nachzuspüren, die im Zusammenhang mit Johann Nepomuk Hummels Heirat im Jahr 1813 stehen. Stattdessen präsentiert er einen aus Fritz Felzmanns Aufsatz rekonstruierten, fiktiven und somit fehlerhaften und unvollständigen "Matrikenvermerk"[23] der Heirat des Komponisten in der Pfarre St. Josef ob der Laimgrube.[24] Frau Röckels Vornamen lauten in dieser Eintragung selbstverständlich "Maria Eva".

 

Maria Eva Röckels Trauungseintragung 1813
Maria Eva Röckels Trauungseintragung von 1813 mit der Unterschrift von Hummels Trauzeuge Antonio Salieri (Pfarre St. Josef ob der Laimgrube, Trauungsbuch Tom. 6, fol. 72)

 

Der Hummel-Forschung (und somit auch Kopitz) blieb unbekannt, dass zu Hummels Heirat noch eine zweite Eintragung existiert, denn die Trauung wurde am 22. April 1813 in St. Stephan, der Wohnpfarre des Bräutigams verkündet. Auf folio 36 des Trauungsbuches 83a der Dompfarre hätte Kopitz auch das korrekte Taufdatum der Braut gefunden, was seinen Kommentar zur Richtigkeit von Röckels Geburtsdatum[25] überflüssig gemacht hätte.

 

Hummels Verkündung am 22. April 1813
Die Verkündungseintragung der Heirat Johann Nepomuk Hummels mit Maria Eva Röckel vom 22. April 1813 (Dompfarre St. Stephan, Trauungsbuch 83a, fol. 36)

 

Wie geduldig auch damals Papier war, zeigt eine Familie Hummel betreffende Eintragung[26] im Konskriptionsbogen des Hauses Stadt 630 (die letzte Konskriptionsnummer des Hauses 671 auf der Brandstätte):

 

Johann Hummel               1754                Tonkünstler [Hummels Vater]

Ehw[eib] Marg[arethe]     1755

Sohn Joh[ann]                  1779                Tonkünstler beim Fürst Esterhazÿ

                                                               Hung[arn]

Joh. Humel                        794[sic]          Tonkünstler

E[he]f[rau] Theres[!]         793

Sohn Eduard                      814

 

Konskriptionsbogen Stadt 630/6r

Frau Hummel als "Therese" Hummel (WStLA, Konskriptionsamt, Stadt 630/6r)

 

Am 24. Oktober 1837, eine Woche nach dem Tod ihres Gatten schreibt Hummels Witwe einen Brief an die Tonkünstlersozietät in Wien, der hier auszugsweise zitiert sei:

 

Verehrlicher Ausschuß!

 

Mein Ehegatte, der Großherzogliche Sachsen=Weimarische Kapellmeister Johann Nepomuck Hummel, Ritter des Großherzoglichen Hausordens vom weissen Falken und des Königlich Französischen Ordens der Ehrenlegion, welcher am 15ten Maÿ 1813 als Mitglied der zum Unterhalte der Wittwen und Waisen seit dem Jahre 1771 in Wien bestehenden Tonkünstler=Gesellschaft aufgenommen worden und seit seiner Aufnahme die statutenmäßigen Verpflichtungen bis auf die neuesten Zeiten erfüllt hat, ist am 17ten dieses Monats und Jahres nach langen Leiden durch den Tod von mir getrennt worden.

 

[…] um den statutarischen Bestimmungen zu genügen überreiche dem verehrlichen Ausschusse der Tonkünstler-Gesellschaft ich hierbei:

1.)    Den Trauungsschein dd. Wien den 19 Maÿ 1813 besage dessen ich [fol. 1v] mit meinem seeligen Ehegatten am 16 Maÿ 1813 ehelich getrauet worden bin,

2.)    den Todtenschein meines verstorbenen Ehegatten dd. Weimar den 21n Oktober 1837 aus dem dessen am 17n Oktober 1837 erfolgtes Ableben hervorgeht und

3.)    die Taufscheine meiner beiden Kinder und zwar:

a)       meines ältesten Sohnes Eduard Joseph, welcher am 9 Maÿ 1814 in Wien geboren worden ist, dd. Wien den 12 März 1827 und

b)      meines jüngsten Sohnes Karl, Anna Maria, Nicolaus, welcher am 31. August 1821 in Weimar geboren worden ist, dd. Weimar den 21n Oktober 1837.

 

Endlich bemerke ich noch, nach Maaßgabe der Bestimmung im § 9 der Statuten, daß ein posthumus nicht zu erwarten ist. […]

 

Brief Maria Eva Hummels 24.10.1837

Maria Eva Hummels Brief vom 24. Oktober 1837 and die Tonkünstler-Sozietät in Wien (WStLA, Private Institutionen, Haydn-Verein, A3/2)

 

Frau Hummel bittet die Gesellschaft "ergebenst" um Mitteilung betreffend die Höhe ihrer Witwenpension, wann die erst Quittung von ihr auszustellen sei und bevollmächtigt den "K.K. Hof= und privilegierten Kunst= und Musikalienhändler" Tobias Haslinger, diese Pension in Wien zu beheben. Sie unterzeichnet ihr Schreiben "mit vollkommenster Hochachtung des verehrlichen Ausschusses" als "ergebenste Maria Eva[!] Hummel".[27]

 

Maria Eva Hummels Unterschrift 1837

Maria Eva Hummels eigenhändige Unterschrift

 

Kopitz hielt offenbar jede Forschung zu den in Wien lebenden Mitgliedern der Familie Röckel für überflüssig. Es sind jedoch genau diese Recherchen, die uns zeigen, dass der Vorname "Elisabeth" in dieser Familie nach Belieben angenommen und wieder abgelegt wurde. Maria Röckels Eltern sind Kopitz nur ein paar Nebensätze wert und seine Behauptung, Joseph und Elisabeth Röckel seien schon vor 1826 zu ihrem Schwiegersohn nach Weimar übersiedelt[28], entspricht nicht den Tatsachen. Der ehemalige Strumpfstricker Joseph Röckel starb am 30. Juli 1827 in Wien als "Privatpensionist" (er wurde gänzlich von seinem Schwiegersohn erhalten) im Alter von 69 Jahren an Brustwassersucht.[29] Die Liste seiner sechs großjährigen Kinder in seiner Sperrsrelation lautet: "1/ Michael Röckl in Baÿern in Neuburg an Wald Strumpfwirker, 2/ Joseph Singmeister in Kärntnerthortheater, 3/ Andrä Schneidermeister zum Luftschitz am Holzplatzl, 4/ Alexander Sollizitator im Sterborte, 5/ Elisabeth[!] verh. Hummel, Kappelmeisters Gattinn in Sachsenwaimaÿr[sic], u 6/ Maria[!] Röckel l.[edigen] St.[ands] im Sterborte".[30] Hier also zeigt sich, warum Maria Eva Röckel von ihrer Mutter "Elisabeth" genannt wurde: weil ihre jüngste Schwester Eva Elisabeth sich "Maria" nannte. Der Verlassenschaftsakt Joseph Röckels enthält die autographen Unterschriften jener beiden Verwandten, die bei der Amtshandlung anwesend waren und von denen der Sperrskommissär Anton Slabe seine Informationen erhielt: "Elisa Röckl" (die Witwe) und "Marie[!] Röckel, Löibliche Tochter."

 

Elisa und Marie Röckel 1827

Elisa und Marie Röckels Unterschriften, 8. Oktober 1827 (WStLA, Mag. ZG, A2, 4232/1827)

 

Doch diese Namensgebung unter den Schwestern Röckel war keineswegs endgültig. Die jüngste Tochter Maria (getaufte Eva Elisabeth) übersiedelte bald nach dem Tod ihres Vaters von der Wieden auf die Laimgrube, wo sie mit dem neun Jahre jüngeren Joseph Benedikt zusammenwohnte. Ihr unehelicher Sohn Eduard Joseph (Eduard war offenbar der Name des Großvaters Röckel[31]) wurde am 20. April 1831 geboren und zwei Tage später in St. Josef ob der Laimgrube getauft.[32] Joseph Benedikt, damals noch "Hörer der Rechte", bekannte sich vor Zeugen zu seiner Vaterschaft. Die Mutter wurde mit den (in dieser Kombination völlig neuen) Namen "Maria Elisabeth" in die Matrik eingetragen.

 

Eva Elisabeth Röckel Als Maria Elisabeth 1831

Eva Elisabeth Röckel als "Maria Elisabeth" anlässlich der Taufe ihres Sohnes Eduard am 22. April 1831 (St. Josef ob der Laimgrube, Taufbuch Tom. 19, fol. 19). Taufpatin war die Großmutter Elisabeth, der Onkel des Kindes Andreas Röckel bezeugte die Vaterschaftsanerkennung durch Joseph Benedikt.

 

Der zweite uneheliche Sohn des Paares, Alexander Benedikt wurde am 31. August 1835 geboren, die Mutter wurde nun (wohl zur Abwechslung) als "Maria Rökl" registriert, der Vater Joseph Benedikt hatte mittlerweile ein Medizinstudium begonnen.[33] Es sei hier festgehalten, dass aus den Quellen nicht zu ersehen ist, wie der definitive Rufname jener 1798 geborenen "Eva Elisabeth", "Maria Elisabeth", bzw. "Maria" Röckel lautete. Doch es kommt noch besser. Im Jahr 1840, nachdem Joseph Benedikt sein medizinisches Doktorat erworben hatte, entschloss sich das Paar, seine Söhne zu legitimieren und zu heiraten. Anlässlich der Trauung am 11. Februar 1840 in der Piaristenkirche wurde die Braut mit jenem Vornamen eingetragen, auf den sie zwar getauft worden war, den sie aber für kurze Zeit ihrer älteren Schwester geliehen hatte, um ihn bei deren Übersiedlung nach Weimar wieder zurückzunehmen: "Elisabeth Röckl".[34]

 

Heirat der Elisbeth Röckel 1840

Die Heirat Elisabeth Röckels mit Dr. Joseph Benedict am 11. Februar 1840 (Pfarre Maria Treu, Trauungsbuch Tom. 1834-40, fol. 138)

 

Das Ehepaar Benedikt wohnte mittlerweile in der Josefstadt 121, gemeinsam mit August Röckel, dem 1814 geborene Sohn[35] des Sängers Joseph August Röckel. Zu dieser Adresse sind zwei Konskriptionsbögen erhalten, die über die Familien Röckel und Benedikt Auskunft geben. Der erste stammt aus der Zeit zwischen 1836 und 1840, nennt "Elisabeth" Röckel mit zwei ihrer unehelichen Söhne und gibt Anlass zur Vermutung, dass sie 1836 noch einen dritten Sohn namens Heinrich gebar.[36] Der spätere Konskriptionsbogen ist wichtiger, denn er führt uns zurück zur "Elisabeth/Elise"-Thematik. Die aus der Zeit um die Jahreswende 1839/40 stammende (beim Mieterwechsel durchgestrichene) Eintragung lautet:

 

[Partei] 16.             Elise Röckl [die Mutter]          756      Neuburg Baiern

                             Tochter Elise[!]                       799           d[etto]

                             der letzten vorigen

unehl. Sohn Enkel August

                             der letzter unehl

                             Sohn Eduard Benedikt             822.[sic!] Laimgrube

                             August Röckl                          814.         Musikus

  Düßldorf Preußen

                             Joseph Benedikt.                     807.        Medeziner v[on]

                                                                                         Wesselÿ Mäh[ren][37]

 

Famile Röckl-Benedict 1840

Familie Röckel-Benedikt im Jahr 1840 mit Mutter und Tochter Elise Röckel (WStLA, Konskriptionsamt, Josefstadt 121/67r)

 

Es tritt nun der Fall ein, dass der Autor nicht mehr weiß, mit welchen Vornamen er die Röckel-Schwestern nennen soll, um den Leser nicht zu verwirren. Auch zeigt sich, dass es bereits zahlreiche Indizien dafür gibt (und die Qualität dieser Indizien übertrifft jene von Kopitz bei weitem), dass Beethovens "Elise" in Wahrheit nicht Hummels Ehefrau, sondern dessen Schwägerin war. Das Kreisen des Röckel'schen Namenskarussells findet seinen vorläufigen Schlusspunkt anlässlich des Todes von Elisabeth Röckel (der Älteren) am 7. Juni 1840 im Haus Laimgrube 1 (der "Casa piccola"), wo sie bei "Fr. Elisabeth[!] Benedikt Med. Dr. Ehegattin" gewohnt hatte. Wie ihr verstorbener Gatte hatte auch Elisabeth Röckel eine Privatpension aus dem Vermögen ihres prominenten Schwiegersohnes bezogen. Die Namen und Professionen ihrer sechs Kinder lauteten nun: "Michael Strumpfstrickermeister zu Neuburg am Wald in der Pfalz, H. Joseph Roekel ehemaliger Theater Direktor in London, Andreas bef[ugter] Schneider, zu St. Ulrich Nr – Fr. Eva[!] Hummel, Hofkappellmeisters Witwe zu Sachsen Waimar, H. Alexander Roekel, Hofkanzellist zu Weimar, Fr Elisabeth Benedikt, Med. Dr. Ehegattin im Sterborte".[38] Damit kann das Kapitel "Elise" Röckel als abgeschlossen betrachtet werden.

 

6 Röckel-Kinder 1840
Die sechs Geschwister Röckel im Jahr 1840, darunter "Eva Hummel, Hofkappellmeisters Witwe zu Sachsen Waimar". (WStLA, Mag. ZG, A2, 1824/1840)

 

 

Wie steht es nun um die bisherige "Elise"-Hauptkandidatin Therese von Droßdik, geb. Malfatti von Rohrenbach zu Dezza (1792–1851)? Kopitz muss sich natürlich mit ihrer Person und der ungelösten Frage auseinandersetzen, wie das von Ludwig Nohl veröffentlichte Autograph des Albumblatts WoO 59 "Für Elise" aus dem Besitz der Witwe Hummel in Weimar zu Frau Babett Bredl nach München gekommen sein soll. In meinem 2001 publizierten Aufsatz über Baronin Droßdik[39], in welchem ich Therese Malfatti als Freundin Franz Schuberts und seiner Musik präsentierte, befasste ich mich auch mit diesem Thema. Ich schloss mich der herrschenden, erstmals 1925 von Max Unger[40] vertretenen Meinung an, dass Ludwig Nohls Transkription womöglich falsch ist und die Widmung auf dem verschollenen Autograph wahrscheinlich nicht "Für Elise", sondern "Für Therese" lautete. Immerhin liegt zur Herkunft des Notenblattes eine glaubwürdige Aussage Nohls vor:

 

Das nachstehende bisher unbekannte, zwar nicht eben bedeutende aber recht anmuthige K l a v i e r s t ü c k c h e n stammt ebenfalls aus dem Nachlaß der Frau Therese von Droßdick geb. Malfatti, die es der Frl. Bredl in München geschenkt hat. Es ist zwar nicht für Therese geschrieben, sondern enthält von Beethovens Hand die Aufschrift: "Für Elise am 27 April zur Erinnerung von L. v. Bthvn," – welcher Elise sich Freifrau von Gleichenstein nicht erinnert. Es möge aber gleichsam als Zugabe zu dem anmuthigen Verhältniß des Meisters zu der schönen braunlockigen Therese auch eine Stelle finden.[41]

 

Nohls Erstausgabe von Beethovens WoO 59

Ludwig Nohls Erstausgabe des Albumblatts WoO 59 von 1867

 

In seinen Überlegungen bezieht sich Kopitz auch auf die von Thayer zitierte Aussage einer Nichte Therese von Droßdiks[42], dass Beethoven ihre Tante geliebt habe. Kopitz schreibt: "In der neueren Literatur wird verschiedentlich angenommen, Babeth (oder Babette) Bredl sei eine Nichte Therese Malfattis gewesen. Belegt ist zumindest, dass diese tatsächlich eine Nichte hatte, von der allerdings der Name nicht bekannt ist."[43] Kopitz' Ratlosigkeit (die der fragmentarischen Methodik seines Buches Beethoven aus der Sicht seiner Zeitgenossen [44] ähnelt) überrascht insofern, als der Name dieser Nichte in meinem Aufsatz genannt wird, den Kopitz in unmittelbarer Folge zur Sprache bringt. Im Jahr 2001 schrieb ich: "Dazu [zu den Indizien für Beethovens Heiratspläne im Jahr 1810] kommen noch die mündlichen Angaben von Thereses Nichte Mathilde Huber von Gleichenstein (Franz von Hartmanns Tanzpartnerin von 1828) gegenüber Ludwig Nohl."[45] Es liegt natürlich in Kopitz' Interesse, Max Ungers Hypothese, dass das Klavierstück eigentlich "Für Therese" hieß, in Zweifel zu ziehen. Seine Argumente sind jedoch brüchig und die Behauptung, es sei "damals üblich" gewesen, Eigennamen in Lateinschrift zu schreiben ist nicht haltbar. Auch die Vermutung, Ludwig Nohl hätte, wäre er sich des Namens nicht sicher gewesen, "das übliche Herausgeberzeichen '[?]' gesetzt",[46] ist gerade im Fall Nohl nicht schlüssig. Wie sich jedoch zeigt, ist die Frage "Elise oder Therese?" für den Ausschluss Maria Eva "Elisabeth" Röckels als Widmungsträgerin des Stückes von keinerlei Relevanz.

 

Therese Malfattis Unterschrift 1816
Therese Malfattis Unterschrift in ihrem Verkündakt von 1816

 

Als ich im Jahr 2001 Auszüge des bis dahin unbekannten Testaments der Baronin Droßdik veröffentlichte, befasste ich mich auch mit dem "Elise-Problem" und brachte eine Person ins Spiel, die bis zu diesem Zeitpunkt in keinem Zusammenhang mit dem Thema gestanden war: den Pianisten und Komponisten Josef Rudolf Schachner (1816-1896), Therese von Droßdiks Klavierpartner und Hausfreund. Der "Therese von Droßdiks Testament" betitelte Abschnitt meines Aufsatzes (der heute zum Glück in manchen Details überholt ist) sei hier vollständig und mit Fußnoten zitiert[47]:

 

Im Widerspruch zu Max Ungers Annahme, die auch von Kinsky übernommen wurde[48], überlebte Wilhelm von Droßdik seine Gattin Therese. Sie starb am 27. April 1851 und wurde zwei Tage später auf dem Matzleinsdorfer Friedhof im Grab ihrer Mutter beigesetzt[49]. Carl Leeder, der Therese noch persönlich kennengelernt hatte, schreibt 1903:

Seine [Gleichensteins] Witwe, deren vortreffliche Eigenschaften mit Recht gerühmt wurden, sah der Verfasser einigemal 1840 in Wien, wo sie bei ihrer Schwester Drosdick zum Besuch war. Diese war eine Ansehnliche, damals noch immer schöne, sehr lebhafte Frau, während ihr Gemahl schon etwas greisenhaft aussah. Sie bekannte sich dem Verfasser mit vielem Selbstgefühl als Schülerin Beethovens und war eine ausgezeichnete Klavierspielerin. Früher hatte sie den Klaviervirtuosen Henselt zum Hausfreund gehabt, der 1840 bereits im Ausland lebte und an dessen Stelle nun der Pianist Rudolph Schachner getreten war, den sie, als sie am 27. April 1851 (Thayer II. 339) starb, zur allgemeinen, und für den sie überlebenden Gemahl sehr unliebsamen Überraschung zu ihrem Erben einsetzte. (Graf Laurencin mündliche Mitteilung).[50]

Leeder vertraute hier etwas zu voreilig dem Gesellschaftstratsch des Grafen Laurencin. Die wichtigsten Passagen der ersten Fassung von Thereses Testament vom 1. Mai 1844 lauten:

[Es soll] mit meinem Gelde sowohl, als mit meinen Gegenständen die welche ich als mein Eigenthum nach meinem Tode hinterlaße, so verfügt werden wie ich es wünsche, so habe ich bei gesundem Sinn u. nach reiflicher Überlegung folgende letztwillige Anordnung getroffen, zu deren Vollstreckung ich meinen geliebten Gatten W. Freyherrn v. Droszdik u. im Falle er nicht mehr am Leben sein sollte meinen H. Vetter Ludwig v. Malfatti ernennen zum Universalerben u. meinen Testamentsexecutor ernennen. [...] mein Magahony Flügel nebst sämtlichen Musikalien, sollen meinem theuren Gatten und nach deßen Ableben, meinem Testamentsexecutor Ludwig v. Malfatti eingehändigt werden [...][51]

Es folgt die Verteilung des Schmucks, der Kleidung und des Aktienkapitals an Verwandte und zum Abschluß:

Ich ersuche meinen lieben Gatten für den möglichen Fall, daß er mich überlebte alles daßjenige was seine liebevolle Gnade in seinem Testamente daß ich gelesen zu meinen Gunsten mir zugedacht hatte, nun zum Frommen meiner lieben Schwester u. ihren Kindern dieser zuwenden möge, und indem ich für seine mir gespendete Liebe u. für alles was er mir und meinen verblichenen Eltern Gutes gethan dankbar die Hand dafür ihm küße, zugleich bitte, die Bestattungsunkösten für meines Leichnams von der einfachsten Art da ich keine Bestattungssummen dafür zurücklaße, bestreiten zu wollen. Sonach ersuche ich diesen, u. im Todesfalle meiner Universalerben u. Testamentsexecutors, sich die vollste Überzeugung von meinem erfolgten Ableben verschaffen zu wollen, mittelst Brennen der Fußsohlen der Leiche, Beobachtung der eintretenden Leichenflecken ppp ferners ersuche ich mein Leichenbegängniß so wie bereits gesagt so einfach wie möglich nehmlich 3ter Claße eine fromme Seelenmeße, u. ein eigenes Grab zur Beerdigung, wo möglich an der Seite meiner entschlaffenen Eltern.

Während der folgenden Jahre scheint sich das Verhältnis zwischen Therese von Droßdik und dem Pianisten Rudolf Schachner intensiviert zu haben, denn in einem testamentarischen Zusatz vom 12. Februar 1850 änderte sie ihre letztwilligen Anordnungen. Sie enterbte zwar nicht ihren (wie sie erneut mehrmals versicherte) "geliebten Gatten" und änderte geringfügig die Verteilung ihre Wertsachen, ihre Musikalien aber – unter denen sich auch Beethoven-Autographen befanden – vermachte sie nun dem Pianisten und "Hausfreund" Schachner: "[...] ferners mein[en] Nußbaum Magahoni Flügel nebst allen Musikalien vermache ich Freund Rudolf Schachner Tonkünstler, aus München[52]". Der Pianist und Komponist Rudolf Schachner wurde 1816 in München geboren, studierte bei Cramer und kam 1836 nach Wien, wo er auch Unterricht bei Simon Sechter nahm. In seinem Lexikon kommt Wurzbach im Zusammenhang mit Schachner auch auf Therese von Droßdik zu sprechen: "Durch den Schubert-Sänger Schönstein und durch Diez wurde Schachner in das richtige Verständnis Schubert’s eingeweiht, die persönliche Bekanntschaft mit den Damen Baronin Erdmann und Baronin Drosdick, welche letztere Beethoven noch persönlich gekannt und seine Sonaten mit unvergleichlicher Virtuosität spielte [...] förderten wesentlich Schachner’s Liebe und Kenntniß der classischen Musik[53]". Schachners Erbschaft der wertvollen Musikalien Thereses erklärt nunmehr die Tatsache, daß Beethovens Albumblatt WoO 59 "Für Elise" 1865 in München bei einer gewissen Babette Bredl auftauchte, die von der Beethoven-Forschung immer für eine Nichte Thereses gehalten wurde.[54] Therese von Droßdik hatte keine Nichte dieses Namens und es handelte sich bei Fräulein Bredl mit großer Wahrscheinlichkeit um eine Bekannte Schachners, die von diesem mehrere Beethoveniana erhalten hatte.[55]

 

Therese von Droßdiks Testament

Die letzte Seite des Testaments der Therese von Droßdik (WStLA, Landesgericht f. Zivilrechtssachen, Testament 1121/1844.

 

[Ende des zitierten Kapitels]

 

Die absolut wichtigste Frage, die es für Kopitz bei der Verteidigung seiner verwegenen "Röckel-Hypothese" zu beantworten galt, lautet selbstverständlich: wie kam das Autograph von Beethovens Albumblatt WoO 59 noch vor 1865 von Frau Hummel in Weimar zu Frau Bredl in München? Hummels Witwe bewahrte die Haarlocke, die sie Beethoven auf dessen Totenbett vom Haupt geschnitten hatte, ebenso lebenslang auf wie Beethovens letzte Schreibfeder, die sie 1827 als Geschenk erhalten hatte. Und das Autograph des "ihr gewidmeten" Klavierstücks soll für sie von so geringem Wert gewesen sein, dass sie es leichtfertig aus der Hand gab? Dieses Paradoxon müsste Kopitz erklären, aber alle seine Versuche, eine biographische Verbindung zwischen den Familien Hummel und Malfatti herzustellen, scheitern kläglich. Kopitz bietet für die Reise des Notenblatts zwei Erklärungen an: a) Therese Malfatti könnte das einer anderen Frau gewidmete Stück zufällig bei Beethoven gefunden haben und diesem sei als Ausweg aus einer peinlichen Situation nichts anderes übriggeblieben, als es ihr spontan zu schenken[56], und b) als "zweite, weniger dramatische Erklärung":

[…] dass die Familien Hummel und Malfatti einander kannten und hin und wieder Musikalien austauschten. Ein entsprechendes Indiz bzw. ein möglicher Verbindungsmann findet sich unter Hummels Widmungsempfängern. Bereits 1798 dedizierte er seine Variationen für Klavier und kleines Orchester op. 6 einem "Mr. Francois Mora Malfatti, Amateur de Musique", 1810 dann seine Grande Sonate für Klavier und Mandoline op. 37a "Signore Sr. Mora de Malfatti". Es handelt sich offensichtlich um dieselbe Person, wobei auffällt, dass sie zwischenzeitlich geadelt wurde. Stammt Franz Mora von Malfatti also aus derselben Familie Malfatti wie Therese, deren Vater Jacob Friedrich Malfatti (1769-1829) 1806 mit dem Titel Rohrenbach zu Dezza geadelt wurde? Vielleicht lässt sich noch feststellen, ob Therese außer ihrer Schwester Anna auch einen Mandoline spielenden Bruder, Cousin oder Neffen hatte.[57]

Zur ersten Erklärung ist nur zu sagen, dass natürlich im Leben toter Komponisten alles nur Vorstellbare geschehen sein könnte. Vielleicht war Beethovens Brief an die "Unsterbliche Geliebte" bis zu seinem Tod in seinem Besitz, weil die Adressatin ihn mit der Notiz "Lieber Ludwig, hier hast du deinen seltsamen Brief zurück, den ich leider nicht entziffern kann" retourniert hatte. Der Fantasie sind hier absolut keine Grenzen gesetzt, aber mit Wissenschaft hat das nichts zu tun. Und was das zweite Szenario anbelangt, so können solche Debakel schon passieren, wenn man mit Namen historischer Persönlichkeiten jongliert, von deren Leben man absolut nichts weiß.

 

Franz Mora als Mieter im Bürgerspital 1791

Franz Mora im Zinsbuch des Bürgerspitals 1791 (WStLA, Bürgerspital, B16/52, pag. 316)

 

Der "Amateur de Musique" Franz Isidor Vinzenz Mora, war "Handlungs-Kompagnon"[58], "Taback=Distrikts Verleger in Westgallizien"[59], Kassier bei der "Fürst Schwarzenbergischen Wechselbank"[60] und zuletzt Geschäftsführer und "Geldverwechsler"[61]. Er wurde am 3. April 1761 in Riva am Gardasee geboren (die Familie Malfatti im Beethoven-Kreises stammte hingegen aus Lucca) und starb am 28. Juni 1833 in Wien.[62] Mora war weder adelig noch hieß er "Mora de Malfatti". Den Namen Malfatti bekam er testamentarisch von seinem 1784 verstorbenen Onkel, dem "k: k: Tabakgefälls-Niederlags-Factor" Romano Malfatti "verliehen"[63], eine kuriose Namensänderung, die natürlich keine Rechtsgültigkeit hatte. Seine Bedeutung für die Musikgeschichte liegt in seiner Fertigkeit als Mandolinen-Virtuose, die zur Folge hatte, dass ihm mehrere für dieses Instrument komponierte Stücke gewidmet wurden. Von geringerer musikhistorischer Bedeutung ist die Tatsache, dass uns seine am 5. Oktober 1798[64] geborene Tochter Aloysia (die ausgezeichnet Klavier spielte und sich selbstverständlich "Louise" nannte) im Schubert-Kreis als Medium und Hypnose-Objekt des Malers Ludwig Schnorr von Carolsfeld begegnet.[65] Am 24. April 1824 war Schubert bei einer "magnetischen" Séance in Schnorrs Wohnung auf der Landstraße anwesend und spielte Klavier während Louise Mora in Trance fiel. Franz Mora stand zur Familie von Therese Malfatti in keiner dokumentierbaren Beziehung, einer ihrer Neffen mag natürlich Mandoline gespielt haben, er hieß aber von Gleichenstein. Bruder hatte sie keinen und ihr Cousin hieß Ludwig.

 

Während Kopitz also die Themen Röckel und Malfatti sehr lückenhafter Recherche unterzieht, entschloss er sich, die absolut wichtigste Spur, die zum verschollenen Autograph des Albumblattes WoO 59 führen könnte, erst gar nicht zu verfolgen: die Besitzerin dieses Autographs, Babette Bredl in München. Kopitz' Aussagen zu dieser Person beschränken sich auf verbale Achselzucker wie: "Wer Fräulein Bredl war, ist bislang nicht ermittelt worden."[66], und:

 

Die dringlichste Frage ist: Wer war eigentlich Babeth oder Babette Bredl? Es wäre wünschenswert, ihre Lebensdaten zu kennen, zu wissen, ob sie eine Verwandte Therese Malfattis war, und ob sie eventuell Nachkommen hatte. Wie mir das Stadtarchiv München mitteilte, kommt der Familienname Bredl in den Meldeunterlagen des 19. Jahrhunderts mehrfach vor. Eine intensive Suche könnte somit lohnend sein. Die Wahrscheinlichkeit, dass Beethovens Autograph noch erhalten ist, mag verschwindend gering sein, doch würden sich dadurch viele Fragen von selbst beantworten.[67]

 

Hier kann man dem "Geheimnisforscher" nur zustimmen, obwohl nach der Analyse seiner oberflächlichen Recherchen im Fall Röckel bezweifelt werden muss, dass er weiß, was eine "intensive Suche" ist. Es ist Kopitz unbekannt, dass Babette Bredls Todesdatum bereits vor 33 Jahren in der Beethoven-Literatur veröffentlicht wurde. Im Katalog der Ausstellung "Ludwig van Beethoven 1770-1827" der Bayerischen Staatsbibliothek München wird im Zusammenhang mit dem Albumblatt "Für Elise" Frau Bredl genannt und erwähnt, dass sie ab 1850 in den Münchner Adressbüchern nachweisbar ist und am 23.[recte 22.] Dezember 1880 in München starb.[68] Das Stadtarchiv München erwiese sich im Verlauf einer "intensiven Suche" als Sackgasse, denn dieses Archiv besitzt an personenbezogenen Beständen nur um 1810 einsetzende polizeiliche Meldeunterlagen, Personalakten von städtischen Bediensteten und Nachlässe. Die Verlassenschaftsakten der in München verstorben Personen befinden sich im Bayerischen Staatsarchiv, wobei dieser Bestand aber leider stark skartiert ist. Die Verlassenschaftsabhandlung und das Testament der Babette Bredl (auch Predl) sind erhalten[69] und schon beim ersten flüchtigen Blick auf diese Dokumente zeigt sich, dass Beethovens Albumblatt "Für Elise" (wie ich schon 2001 vermutete) über Baronin Droßdiks Freund Schachner nach München gekommen sein muss und Kopitz' "Elisen-Theorie" angesichts dieses Faktums augenblicklich ihr Leben aushaucht. Die am 22. Dezember 1880 in München verstorbene Babette Bredl war Josef Rudolf Schachners ledige Mutter.

 

Die (hier etwas gekürzte) vom Amtsgericht München am 23. Dezember 1880 erstellte "Todes-Anzeige" Babette Bredls lautet:

 

I.        Der verlebten Person:

1.      Vor= und Zuname,                               Babette (Bredl) Predl

2.      Alter,                                                  88 Jahr

3.      Stand,                                                 pens. Arbeits=Lehrerin

4.      ob ledig, verheirathet, verwittwet?        Ledig

5.      Zeit des Todes                                    Mittwoch 22 Decemb 1880 Nachmittag 1 ¼ Uhr

6.      Ort, wo die verlebte Person starb         München Salvatorstraße 15. eine Stige

7.      deren ständiger Wohnort                     München.

 

[…]

 

IV.  Hinterlassene Personen

1.      Name und Aufenthalt des überlebenden Ehegatten,              /

2.      Kinder:

a.       Name, Stand und Auf=

enthalt der großjährigen,               nächster Verwandter illeg. Sohn Joseph

                                                   Schachner Kappelmeister in Salzburg

                                                   Auersbergstraße N: 10.

 

Babette Bredls Todes-Anzeige von 1880

Babette Bredls Todes-Anzeige des Amtgerichts München (STA, München, AG Ia, NR 1880/2346)

 

Schlagartig klären sich nun ein paar Dinge. Es ist nun nicht mehr so sicher, dass Babette Bredl das Albumblatt tatsächlich von Therese von Droßdik als Geschenk erhielt. Therese hielt sich zwar 1816 in Bayern auf, aber zu diesem Zeitpunkt war Schachner noch nicht geboren. Auch ist fraglich, ob Bredl jemals in Wien war. Schachner, der das Autograph von Baronin Droßdik geerbt hatte (dass diese es ihm schenkte, ist weniger wahrscheinlich), schenkte es seiner Mutter. Schachners uneheliche Geburt war bisher unbekannt und es ist zu vermuten, dass jene "Verwandte", von der Schachner laut Wurzbach[70] "in Einsamkeit streng erzogen wurde", seine Mutter war. Auch ist nun verständlich, warum Schachner im Hintergrund blieb, niemals mit Nohl Kontakt aufnahm und sich auch zu Beethovens Albumblatt niemals äußerte: er schämte sich wahrscheinlich seiner unehelichen Geburt. Er selbst wusste wohl nichts von der Kontaktaufnahme seiner Mutter mit Ludwig Nohl im Jahr 1865, denn er befand sich zu dieser Zeit zumeist in London. Schachners Vater war Golddrahtzieher[71] in München und bekannte sich 1816 zu der außerehelichen Vaterschaft. Die Details der Familiengeschichte zu eruieren, wird Thema zukünftiger Recherchen in Münchens Archiven sein. Rudolf Schachner war selbstverständlich der Universalerbe seiner Mutter Babette Bredl, deren am 9. November 1859 abgefasstes Testament wie folgt lautet:

 

Im Namen Gottes des Vaters,

des Sohnes und des heiligen Geistes Amen.

 

In der Erwägung der Ungewißheit der menschlichen Lebensdauer und von dem Wunsche beseelt, nach meinem Tode allen Differenzen über meinen dereinstigen Rücklaß vorzubeugen, habe ich, Babette Bredl Privatierstochter von hier und gewesene Lehrerin an der Sct. Peterspfarrschule dahier, mich bei vollem Gebrauche meiner Verstandeskräfte aus freiem Antriebe entschlossen, nachfolgende letztwillige testamentarische Verfügung zu treffen.

1.

Empfehle ich meine Seele der unendlichen Barmherzigkeit Gottes. [fol. 1v]

2.

Meine irdische Hülle soll dereinst nach der dritten Begräbnißklasse dahier beerdiget werden.

3.

Zum alleinigen Erben meines sämmtlichen von mir hinterlassenen Vermögens ernenne ich meinen ausserehelichen Sohn Josef Rudolph Schachner, Tonkünstler und Compositeur dahier, ansässig und verheirathet.

4.

Sollte dieser mein letzter Wille aus was immer für einem Grunde nicht als förmliches Testament gelten können, so soll es doch jedenfalls als Codicill pactum successorium, Schankung von Todeswegen oder auf sonst zulässige und gesetzlich giltige Weise aufrecht erhalten bleiben.

Zu dessen Bestätigung habe ich vorstehendes Testament eigenhändig unterzeichnet.

 

                                               München den 9 November 1859.

                                               Babeth Bredl. Ehmalige Lehrerin

                                               in der St. Peters Pfarr=Schule.

 

Babette Bredls Testament von 1859

Die zweite Seite von Babette Bredls Testament aus dem Jahr 1859 (STA, München, AG Ia, NR 1880/2346)

 

Zum Zeitpunkt des Todes seiner Mutter wohnte Schachner in Salzburg, Auerspergstraße 10. Er war seit 1852 mit Elise[72] [wie sonst?] Wendling, der Enkelin der Sängerin Elisabeth Auguste Wendling, geb. Sarselli (1746-1786) verheiratet, mit der er eine 1862 in London geborene Tochter hatte.[73] Schachner konnte Salzburg nicht verlassen und bevollmächtigte daher seine Ehefrau, sich in München um die Verlassenschaft ihrer Schwiegermutter zu kümmern. Frau Bredl starb nicht in Armut. Laut dem am 27. Dezember 1880 erstellten "Obsignations=Bericht" des Amtgerichts München bestand Babette Bredls Nachlass aus folgenden Gegenständen:

1 Bett mit Lade, 2 Commoden, Canapee, 2 Lehn u. 4 andere Stühle, 3 Tische, 2 Pfeiler=Kästl, 2 Spiegel, eine Stockuhr, mehre[sic] Bilder und sonstige Kleinigkeiten nebst mehreren Wäschstücken, ferners eine[sic] Koffer in der sich vorfanden: ein Depos:[iten]=Schein der b:[ayerischen] Hyp.[othekar] u. Wechselbank lt: welchem Fr: Predl unter 25 Septb: 1878 dortselbst ein versiegeltes Paket nach Angabe Werthpapiere im Gesammtbetrage von 3000 M:[ark] zur Verwahrung übergab. ein Bankschein derselben Anstalt N° 6099 vom 15 Juni 1880 über ein Guthaben von 100 M:, ein Sola=Wechsel vom 1 Jäner 1879 für 1400 M: von E: Albert Major, Zahlzeit 1 Jäner 1881 4 St: Coupons aus Pfand=Briefen der b: Hyp: u. Wechsel=Bank a 500 M: mit je 10 M: in Summe 40 M: fällig 1 Jänner 1881 wahrscheinlich zu den bei bezeichneter Bank deponirten Papieren gehörig; weiters eine Baarschaft von 26 M: 7 Ducaten, eine englische Goldmünze u. eine goldene Taschenuhr mit Kett’chen. Die aufgeführten Werth=Papiere wurden nebst Uhr u. 8 Goldmünzen zu Amts=Handen genommen, Baarschaft dem H: Berwein[74] abschlägig seiner gehabten Auslagen überlassen, sofort kam die ganze Wohnung unter Gerichtssperre Bekleidungsstücke befinden sich in einem am Vorplatze stehenden Hängkasten.

Allfällige Musikalien in Babette Bredls Nachlass werden in der Verlassenschaftsabhandlung nicht erwähnt, das Autograph des Albumblattes WoO 59 ging jedoch zweifellos in den Besitz Schachners über. Schachner, der ab 1869 in Salzburg und ab 1887 in München und Bad Reichenhall lebte, starb am 15. August 1896 während eines Sommeraufenthalts in Bad Reichenhall und wurde drei Tage später auf dem Kommunalfriedhof in Salzburg begraben.[75] Um die Spur des Beethoven’schen Autographs von "Für Elise" nach Schachners Tod zu verfolgen, wäre es nötig, den Verbleib von Schachners Nachlass zu eruieren. Anfragen im Salzburger Landesarchiv und im Staatsarchiv München bezüglich der Abhandlung seiner Verlassenschaft verliefen negativ. Die Tatsache dass Schachner seit 1845 Ehrenmitglied des Mozarteums war und dessen Sekretär Johann Evangelist Engl im Jahr 1896 Einblick in Schachners unveröffentlichte Musikalien hatte, gibt Anlass zur Vermutung, dass sich Schachners hinterlassene Papiere im Mozarteum in Salzburg befunden haben könnten. Doch weder im Mozarteum, noch im Archiv der Salzburger Liedertafel (deren Mitglied Schachner ebenfalls war) sind Musikalien aus Schachners Nachlass vorhanden.[76]

 

Wir können demnach das Ergebnis der Recherchen folgendermaßen zusammenfassen:

 

·         Klaus Martin Kopitz' im Sommer 2009 in den Medien propagierte und in seinem Buch "Beethoven, Elisabeth Röckel und das Albumblatt 'Für Elise'" publizierte Theorie, Maria Eva Röckel, verheiratete Hummel sei Beethovens "Elise" gewesen, entbehrt jeden seriösen Beweises und ist nicht aufrecht zu erhalten.

·         Beethovens Klavierstück WoO 59 "Für Elise" kam entweder als Geschenk von Beethovens Freundin Therese von Droßdik, oder aus Thereses musikalischem Nachlass über ihren Erben Josef Rudolf Schachner in den Besitz von Schachners Mutter Babette Bredl.

·         Andere Hypothesen sind zwar denkbar, stehen aber im Widerspruch zu den überlieferten Aussagen der Beteiligten. Der Möglichkeit etwa, dass das Albumblatt WoO 59 aus der Familie Wendling in den Besitz von Babette Bredl gelangt sein könnte, widerspricht ihre von Nohl überlieferte Aussage, sie habe es von Baronin Droßdik geschenkt bekommen.[77]

·         Die nächsten dringenden Nachforschungen haben der Suche nach dem musikalischen Nachlass Josef Rudolf Schachners zu gelten.

 


Dem Thema entsprechend ist dieser Aufsatz Elisabeth Sunario gewidmet.

 

[1] Der Spiegel, 26/2009, 138. Der Verfasser der Meldung im Spiegel blieb ungenannt. Ein anonymer Autor mit einer Berliner IP-Adresse, der am 24. Juni 2009 begann, den Wikipedia-Artikel "Elisabeth Röckel" in Richtung "Kopitz' Elise" zu verändern, nannte den Kulturredakteur des Spiegel Martin Wolf als Autor. Etwas später wurde dann Johannes Saltzwedel als Co-Autor der Meldung hinzugefügt. Bei dem Anonymus mit der IP-Adresse 88.73.22.41 muss es sich um Kopitz handeln, denn nur er hielt zu diesem Zeitpunkt irrtümlich den 9. März 1814 für Eduard Hummels Geburtsdatum.

[2] "Forscher Klaus Martin Kopitz machte den Fund." Thomas Staisch, "Beethoven-Rätsel in Wien gelöst", Heute, 30. Juni 2009, 13. In die Reihe der Nachplapper-Medien reihte sich auch die österreichische Kathpress, die sich am 30. Juni 2009 zur Meldung "Beethovens 'Elise' findet sich im Wiener Domarchiv" hinreißen ließ. Schriftliche Proteste des Domarchivars Reinhard H. Gruber blieben erfolglos.

[3] Klaus Kopitz, "Antonie Brentano in Wien (1809–1812). Neue Quellen zur Problematik 'Unsterbliche Geliebte'", Bonner Beethoven-Studien 2, 2001, 115-146.

[4] Ders., "Haydns Wiener Wohnungen. Einige Anmerkungen und Korrekturen", Die Tonkunst, Jg. 3, Nr. 3, Juli 2009, 324–328. Die Publikation meiner Replik mit dem Titel »Einige Korrekturen und Ergänzungen zu Klaus Martin Kopitz’ "Anmerkungen und Korrekturen zu Haydns Wiener Wohnungen"« wurde von der Herausgeberin der Zeitschrift Die Tonkunst Christiane Wiesenfeldt mit der Begründung abgelehnt, "Kopitz könne sich persönlich getroffen fühlen".

[5] Der Spiegel, 26/2009, 138.

[6] Prof. Bernhard Appel, E-Mail an den Autor, 8. März 2010.

[7] Am 29. Juni 2009 wurde diese geplante Publikation unter einem anderen Titel (der nur dem Verfasser bekannt sein konnte) auf Wikipedia vom pseudonymen Autor "Geheimnisforscher" (Kopitz) als unveröffentlichte Quelle hinzugefügt: '''… aus lauter Zuneigung immer in den Arm gekniffen.' Beethoven, Elise Röckel und das ominöse Albumblatt vom 27. April 1810'', in: 'Bonner Beethoven-Studien', Band 9 (in Vorbereitung)". Propaganda-Feldzüge auf Wikipedia dienen immer öfter der Verbreitung suspekter Hirnblasen, wie z.B. der Präsentation "neuentdeckter Mozart-Porträts". Man kann konstatieren, dass Medien-Hype und überzogenes Wikipedia-Getöse heutzutage zu Symptomen garantiert substanzloser Hypothesen geworden sind.

[8] Der "Geheimnisforscher" ist auf Wikipedia natürlich auch federführend in der Propagierung von Kopitz' völlig unhaltbarer Theorie, Therese von Zandt, die Mutter Norbert Burgmüllers, habe Rezensionen für die AmZ geschrieben und ein Verhältnis mit Beethoven gehabt. Die Ähnlichkeit dieser Halluzination mit Kopitz' "Elisiade" ist symptomatisch.

[9] Kopitz berief sich nun auch auf die Expertise des amerikanischen Hummel-Biographen Mark Kroll, des "Autors einer viel beachteten Hummel-Biographie". Krolls Arbeit ist zwar eine verdienstvolle Kompilation der gedruckten Quellen, enthält aber keine neuen Forschungsergebnisse und krankt an zahlreichen kuriosen Fehlern.

[10] Ludwig Nohl, Neue Briefe Beethovens, Stuttgart 1867, 74.

[11] "In an article to be published [sic] by the Beethoven-Haus museum in Bonn next year, Mr Kopitz asserts that she was also known by the name Elise. An entry in the records of St Stephen’s Cathedral, Vienna, refers to her as 'Maria Eva Elise'. 'It is known that, when Beethoven wrote the piece in 1810, the two enjoyed a close friendship,' Mr Kopitz said. Miss Röckel related how, during a dinner party, Beethoven 'would pinch my arm out of sheer affection', he said." "Identity of Beethoven's Fuer Elise revealed by music expert", The Daily Telegraph, 30. Juni 2009.

[12] In der Folge: "Kopitz 2010". Auf der Rückseite des Buches wird Kopitz nun schon als einer der "derzeit renommiertesten Beethoven-Forscher" bezeichnet. Das mit allerlei falschen Lebensdaten garnierte Namensregister am Ende des Buches ist mit Vorsicht zu genießen.

[13] Düsseldorf, Goethe-Museum, 2871 u. 2877.

[14] Anna Schirlbauer, "Das zeitgenössische Ölporträt Schuberts hat seinen Maler gefunden: Anton Depauly (Neues zu dem einst Mähler, Eybl oder Kupelwieser zugeschriebenen Schubert-Gemälde in der Portrait-Galerie der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien)", Schubert : Perspektiven 4/2 (2004), 145-173. Auf S. 149 dieses Aufsatzes bezieht sich Schirlbauer auf Aloys Fuchs' Artikel "Die Bildergallerie der Gesellschaft der Musikfreunde des Österreichischen Kaiserstaates zu Wien", in: Kunstblatt. Beilage zu den Sonntagsblättern 6, 1847, Nr. 15, 11. April, 89-92, und schreibt: "Fuchs führte die 'Exponate' taxativ auf im Gesamtumfang von 69 Ölgemälden und bemerkte weiter: 'Die sämmtlichen Porträts sind mit Ausnahme Salieris von Kupelwieser und Hrn. Möller [gemeint ist Joseph Willibrord Mähler] gemalt.'" Dies,, "Joseph Sonnleithners Sammlung in der Porträtgalerie der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien", Wiener Geschichtsblätter 62/1, 2007, 29-64. Auf S. 39 schreibt Schirlbauer: "Mähler malte mehrere Porträts Beethovens ... über seine musikalischen Porträts, die ihm Sonnleithner später abgekauft hat, wurde übrigens schon im Jahr 1815 berichtet." [Anm. 39: Was nun seine [Mählers] Gallerie ausgezeichneter Tonkünstler betrifft, so hat er sie, als Liebhaber der verwandten Kunst der Musik, zu seinem eignen Vergnügen angelegt, und schon 13 Bildnisse von lebenden oder, erst kürzlich verstorbenen Komponisten vollendet [...]. Und weiter: Es sind die Bildnisse von ... Beethoven ... Hummel ...]."

[15] Kopitz 2010, 50f.

[16] Dompfarre St. Stephan, Taufbuch Tom. 106, fol. 39. Das von Kopitz wohl als Vermutung genannte Geburtsdatum Eduard Hummels "8. Mai 1814" ist falsch, denn wie sein Taufschein beweist, wurde Eduard Hummel am Tag seiner Geburt getauft. Auch Kopitz' Annahme, dass es sich bei der Bestätigung der Namensidentität der Eltern durch zwei Zeugen in der Taufmatrik um einen "ungewöhnlichen Zusatz" handle (Kopitz 2010, 31), ist irrig. In der Dompfarre wurde diese Bestätigung als obligatorisch betrachtet und da der Tomus 106 ohnehin als Vorlage einer späteren Reinschrift angelegt wurde, enthalten alle Taufeintragungen in diesem Band diesen Zusatz.

[17] Franz Rohrer war der ältere von zwei Söhnen des aus Oberstockstall in Niederösterreich gebürtigen Handelsmannes Ignaz Rohrer (25.1.1767 – 3.8.1824) und der Barbara, geb. Kollmünzer (1773 – 9.4.1827). Am 1.7.1818 trat er als Associé in die Nünbergerwarenhandlung seines Vaters ein. Zur Familie Rohrer s. WStLA, Mag. ZG, A2, 3711/1827 u. 2457/1824; Mag. ZG, A10, 373/1824, sowie Merkantilgericht, Fasz. 3, 1. Reihe, R 66.

[18] Kopitz 2010, 13.

[19] Pfarre St. Stephan, Tauf-Rapular 1811-14, fol. 374.

[20] Kopitz 2010, 13.

[21] Ebd., 35.

[22] Aus Kopitz' Aussagen: "sie selbst scheint ihn [den Namen Elisabeth] nicht benutzt zu haben" und "warum sie beide Namen [Maria Eva] später ablegte" geht nichts anderes hervor, als dass Frau Hummel ab einem gewissen Zeitpunkt gar keinen Vornamen verwendete. Kopitz 2010, 13.

[23] Ebd., 28.

[24] Pfarre St. Josef ob der Laimgrube, Trauungsbuch Tom. 6, fol. 72. Maria Röckels Trauzeuge Franz Burtner und der Taufpate ihres ersten Kindes Joseph Perger waren bisher - wenig überraschend - nie Objekt der Röckel-Forschung. Kopitz' Behauptung, Joseph August Röckel habe mit seiner Schwester im Haus Laimgrube 56 gewohnt, ist durch keine Quelle belegt. In den Konskriptionsbögen.des Hauses Windmühle 56 (letzte Nr. 63), wo Hummels Braut im Jahr 1813 wohnte, scheinen sie und ihr Bruder nicht auf.

[25] Kopitz 2010, 13.

[26] WStLA, KB Stadt 630/6r. Die Eintragung besteht aus zwei Teilen, die aus den Jahren 1805 und 1813 stammen, weswegen Hummels Name zweimal erscheint. Hummels Nachmieter war die Familie des k.k. Hofkammermusikus Joseph Mayseder (17891863). Im Gegensatz zu Kopitz' wiederholt irriger Schreibweise lautete Hummels Adresse Brandstatt 671.

[27] WStLA, Haydn-Verein, A3/2. Nur Maria Eva Hummels Unterschrift ist autograph, der Brieftext stammt von der Hand ihres "gerichtlich bestätigten Gesellschaftsvormunds" Bernhardt Friedrich Rudolf Kuhn.

[28] Kopitz 2010, 37.

[29] WStLA, TBP 161, litt. R, fol. 24r. Die Adresse "Wieden 571" im Totenbeschauprotokoll ist falsch und wurde später in 541 korrigiert. Joseph Röckel hatte zwar am 21.11.1825 um "Auswanderungs-Consens" nach Weimar angesucht, eine Übersiedlung kam jedoch nicht mehr zustande. WStLA, KB Laimgrube 48/7r.

[30] WStLA, Mag. ZG, A2, 4232/1827. Nachdem er am 8. Oktober 1827 endlich Röckels richtige Adresse eruiert hatte, schrieb Sperrskommissär Slabe in die Relation: "Nach Angabe der leibl: Tochter und Wittwe hinterließ der Verlebte gar kein Vermögen, und wurde der selbe von der Schwester[sic] Elisabeth unterstüzt und begraben. Es wurde daher nichts weiter fürgekehrt." Bei der Schwester handelte es sich natürlich um die in Weimar lebende Tochter. Auch auf Konskriptionsbögen aus den Jahren 1825 und 1830 erscheint die jüngste Tochter Röckels als "Maria". KB Laimgrube 48/7r u. 48/16r.

[31] Auch der Sänger Joseph August Röckel hatte einen Sohn dieses Namens (geb. 20.11.1816 in Trier).

[32] Pfarre St. Josef ob der Laimgrube, Taufbuch Tom. 19, fol. 19. Dieser uneheliche Sohn wird 1837 auf einem Konskriptionsbogen als Sohn seiner Großmutter bezeichnet. KB Laimgrube 173/51r.

[33] Ebd., Taufbuch Tom. 21, fol. 88.

[34] Pfarre Maria Treu, Trauungsbuch 1834-40, fol. 138.

[35] Zu den Kindern Josef August Röckels s. die Sperrsrelation seiner am 9.9.1824 verstorbenen ersten Frau Karolina. WStLA, Mag. ZG, A2, 2537/1824.

[36] WStLA, KB Josefstadt 121/46r.

[37] WStLA, KB Josefstadt 121/67r. August Röckel, der mit einer Nichte Lortzings verheiratet war, wurde nicht in Düsseldorf, sondern am 1.12.1814 in Graz geboren. Wie der Konskriptionsbogen zeigt, wurde im Wien des Vormärz zwischen den Namen Elisabeth und Elise nicht mehr unterschieden, sie waren austauschbar und quasi identisch. In Wien nannte sich jede Karoline ab und zu "Charlotte" und jede Aloysia trat zuweilen auch als "Louise" auf.

[38] WStLA, Mag. ZG, A2, 1824/1840.

[39] Michael Lorenz, "»Baronin Droßdik und die verschneyten Nachtigallen«. Biographische Anmerkungen zu einem Schubert-Dokument", Schubert durch die Brille 26, Schneider, Tutzing 2001, 47-88.

[40] Max Unger, "Beethoven and Therese Malfatti", in: The Musical Quarterly XI, 1925, 70.

[41] Ludwig Nohl, Neue Briefe Beethovens, Stuttgart 1867, 28.

[42] Alexander Wheelock Thayer, Beethovens Leben, bearbeitet von Hermann Deiters und Hugo Riemann, Bd. 2, Leipzig 1922, 553.

[43] Kopitz 2010, 46.

[44] Beethoven aus der Sicht seiner Zeitgenossen in Tagebüchern, Briefen, Gedichten und Erinnerungen, hrsg. von Klaus Martin Kopitz und Rainer Cadenbach unter Mitarbeit von Oliver Korte und Nancy Tanneberger, München, 2009. Als typisches Beispiel sei nur der Artikel Nr. 502 über "Malfatti-Rohrenbach[sic!], Ludwig von" genannt, dessen bereits 2001 publizierte Lebensdaten (vgl. das folgende Kapitel aus meinem Aufsatz) Kopitz unbekannt sind. Ludwig Malfatti von Rohrenbach zu Dezza war im Gegensatz zu Kopitz' Angaben nicht ein Neffe des Arztes Johann Malfatti von Monteregio, sondern der Neffe von Thereses Vater, also ihr Cousin.

[45] Wie Anm. 39. Ignaz von Gleichenstein hatte vier Kinder: Mathilde (*1813), Anna (*1815), Arthur (*1818, † 28.2.1828) und Hermann (*1823).

[46] Kopitz 2010, 48.

[47] Die in meiner Dissertation Studien zum Schubert-Kreis enthaltene überarbeitete Version dieses Aufsatzes unterscheidet sich in mehreren wichtigen Punkten von der Erstfassung. Da aber in Wien approbierte musikwissenschaftliche Dissertationen (leider zurecht) international kaum rezipiert werden, wird immer nur die frühere Fassung zitiert. Meine Dissertation Studien zum Schubert-Kreis (Universität Wien, 2001) enthält die vollständigen Transkriptionen der Testamente von Wilhelm und Therese von Droßdik.

[48] Unger, "Beethoven and Therese Malfatti", (wie Anm. 40), 72 u. Georg Kinsky, Das Werk Beethovens: Thematisch-bibliographisches seiner sämtlichen vollendeten Kompositionen, vollendet u. hrsg. v. Hans Halm, Henle Verlag, München u. Augsburg, 229.

[49] "Drossik[!] Freyherr v. Wilhelm jub. kk. Hofrath s. G. 60 J. alt Theresia kR geborn Malfatti, geb. von hier 60 J alt. Stadt N° 1038 an der Waßersucht". WStLA, TBP Bd. 208, litt. DT, fol. 10 u. WStLA, Kommunale Friedhöfe II, B4, Gräber 1850-56, fol 102v (Grab Nr. 341). Auch Kübeck vermerkt Thereses Tod in seinem Tagebuch.

[50] Carl Leeder, "Beethovens Widmungen", in: Die Musik, hrsg. v. Bernhard Schuster, Schuster&Loeffler, Berlin u. Leipzig 1903/04, Heft 23, 380. Kinsky gibt Leeders Aufsatz als Quelle an, hat ihn aber wohl nicht gelesen, da ihm die Schachnersche Erbschaft unbekannt war.

[51] WStLA, Landesgericht für Zivilrechtssachen (LGR), Testament 1121/1844. Ludwig von Malfatti (geb. 13. März 1813), ein Sohn von Thereses Onkel Johann Baptist von Malfatti (gest. 25. Oktober 1845, vgl. ÖSTA, AVA, Landrecht Fasz. 5-212/1845), war Beamter im Finanzministerium. Er starb am 22. November 1884. ÖSTA, FM Präs. 5279/1884. Seine Schwester Antonia, unverheiratete Besitzerin eines "Mädcheninstituts" starb am 8. November 1871 in Wien. Pfarre Schotten, Sterberegister Tom. 20, fol. 231. Beethovens Arzt Dr. Johann Malfatti (der erst 1837 geadelt wurde) stammte aus einem anderen Zweig der Familie, er war nicht Thereses Onkel, sondern der Cousin ihres Vaters. Auch in seiner Familie hinterließ Droßdik eine Spur: er zeichnete 1826 als Zeuge des Testaments der Gattin des Arztes, Helena Malfatti geb. Gräfin Ostrowska. WStLA, Mag. ZG, Testament 624/1826.

[52] WStLA, LGR Testament 1121/1844.

[53] Constant von Wurzbach, Biographisches Lexicon des Kaiserthums Österreich, Bd. 29, 29.

[54] Babette Bredl erteilte Ludwig Nohl die schriftliche Erlaubnis, das Manuskript zu kopieren: "Das vorstehende Klavierstückchen habe ich Herrn. Prof. Dr. Nohl hier nach Beethovens eigenhändige[!] Originalmanuskript copieren lassen und gestatte ihm jedwede Verwendung und Publicierung desselben. München 14. July 1865. Babeth Bredl". Zitiert in: Beiträge zur Beethoven Bibliographie, Studien und Materialien zum Werkverzeichnis von Kinsky Halm, hrsg. v. Kurt Dorfmüller, Henle Verlag, München 1978, 364.

[55] Frau Bredl besaß auch Kopien der Lieder "Freudvoll und leidvoll", op. 84, Nr. 4 (in einer anonymen Kopie mit Thereses Namenszug) und "Andenken" WoO 136 in Therese Handschrift. Beide Manuskripte gehörten zu der Sammlung des 1977 in München verstorbenen ungarischen Malers Gustav Lörincz de Baranyai und gelangten 1976 in die Bayerische Staatsbibliothek München (freundliche Mitteilung Dr. Dieter Spatschek, Bayerische Staatsbibliothek). S. auch Kinsky/Halm, 229. Rudolf Schachner starb am 15. August 1896 in Bad Reichenhall.

[56] Kopitz 2010, 55f.. In der Folge stellt Kopitz Überlegungen zu der Tatsache an, dass Beethoven das Stück nicht aus der Hand gab und versteigt sich in folgenden Gedankengang: "Hätte es Beethoven Elise Röckel überreicht, wäre dies ein deutlicher Ausdruck seiner Zuneigung gewesen, der womöglich auch biographische Spuren hinterlassen hätte. Das Stück hat aber anscheinend keine nennenswerten Spuren hinterlassen, weder bei Beethoven, noch bei Elise, noch bei Therese." (ebd., 57). Man fragt sich, welche "nennenswerte biographische Spuren" ein kurzes Klavierstück hinterlassen hätte sollen, das sicher nicht einem "deutlichen Ausdruck der Zuneigung", sondern allenfalls einer freundschaftlichen Eintragung eines Gedichts in einem Stammbuch gleichkommt.

[57] Kopitz 2010, 57.

[58] Pfarre St. Augustin, Trauungsbuuch Tom. III. fol. 52.

[59] Pfarre St. Stephan, Taufbuch Tom. 102, fol. 74.

[60] WStLA, Bürgerspital B16/52, pag. 316.

[61] WStLA, Zinsbuch HS A 325/2, pag. 9-12, u. WStLA, Mag. ZG, A2, 5619/1833.

[62] Wiener Zeitung, 1833, 607.

[63] WStLA, Mag. ZG, A2, 3383/1784 (im Akt BG I, IV, 910/1861).

[64] Pfarre St. Michael, St. Peter, Taufbuch Tom. 1, Nr. 135/1798. Durch seine Heirat mit Josepha Kleindienst im Jahr 1790 wurde Mora Schwager des Manufaktur-Gründers Joseph Arthaber und des Oboisten Johann Nepomuk Went. Pfarre St. Augustin, Trauungsbuch,Tom. III, fol. 52.

[65] Harry Goldschmidt, "Schubert und kein Ende," Beiträge zur Musikwissenschaft 25, 1983, 288-92. Schnorr von Carolsfelds Aufzeichnungen über seine "magnetischen Behandlungen" befinden sich in der Handschriften-Abteilung der Sächsischen Landesbibliothek Dresden. Louise Mora heiratete 1833 den aus Hanau stammenden Goldarbeiter Peter Gustine (18091866), gründete eine Familie und fiel als Medium nicht mehr auf.

[66] Kopitz 2010, 46.

[67] Ebd., 60.

[68] Ludwig van Beethoven 1770-1827. Ausstellung der Bayerischen Staatsbibliothek München, (Kurt Dorfmüller Hrsg.), Schneider, Tutzing 1977, 80. Diesen Hinweis, der seit Juni 2010 auch via Google Books erhältlich ist, verdanke ich Rita Steblin.

[69] STA München, Amtsgericht München Ia, NR 1880/2346.

[70] Wurzbach, Biographisches Lexicon, Bd. 29, 27. Obwohl Wurzbach der Person Schachners 15 Spalten seines Lexikons widmete, hat Schachner in beiden Ausgaben der MGG keinen Artikel.

[71] Österreichisches biographisches Lexikon (ÖBL), Bd. 10, 19.

[72] Laut Unterschrift am 29.12.1880 im Protokoll der Verlassenschaftssache und Schachners Universal-Vollmacht für seine Gattin: "Ich gefertigter Josef Rudolf Schachner, Tondichter wohnhaft im Hause N° 10 in der Auerspergstraße in Salzburg ermächtige hiemit für mich und meine Erben meine Ehegattin Elise Schachner geborne Wendling aus München zur Vertretung in allen Rechtsangelegenheiten vor allen Stellen, Behörden und Gerichten aller Instanzen und zur Vorname aller jener Handlungen, zu welchen nach den königl. Bairischen Gesetzen eine generelle und spezielle Vollmacht erfordert wird. […]." STA München, AG München Ia, NR 1880/2346. Elisabeth Schachner war Schachners wichtigstes Werk, das Oratorium „Israel’s Return from Babylon“, Op. 34 gewidmet.

[73] Wurzbach, Bd. 29, 32. Schachners Tochter hieß ebenfalls Elisabeth, ihr Vater nannte sie "Lisi". Wienbibliothek, I.N. 178.391.

[74] Der bei der Obsignation anwesende Brunnwart Michael Berwein fungierte vermutlich als Vetreter des Hausbesitzers.

[75] Karl Werner, "Am Grabhügel eines Tonkünstlers", Wiener Zeitung, 24.9.1896, 2ff. Schachners Gattin war 1896 nicht mehr am Leben.

[76] Für Nachforschungen im Mozarteum danke ich  Dr. Johanna Senigl.

[77] Nohl 1867, 28.

 

Siehe auch: Maria Eva Hummel. A Postscript, A Letter to the Editor of The Musical Times und: Brief an die Herausgeber der Zeitschrift Die Tonkunst


© Dr. Michael Lorenz 2010. Alle Rechte vorbehalten. Erschienen in: Bonner Beethoven-Studien 9, Beethoven-Haus,  Bonn 2011, 169-190.                              nach oben