Michael Lorenz
E-Mail an Professor Andrea Lindmayr-Brandl (Kommission für Interdisziplinäre Schubert Forschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften)
Wien, 26. November 2023
Sehr geehrte Frau Professor!
Mit Interesse lese ich ab und zu die Schubert-Newsletter der Akademie der Wissenschaften, die mir Ted Albrecht schickt. Den Neuigkeitswert der bei den Konferenzen präsentierten Beiträge halte ich allerdings für bescheiden. Und Lorraine Byrne Bodley sollte froh sein, dass ich keine Zeit habe, ihr neues Buch zu rezensieren.
Die wichtigste Aufgabe der österreichischen Schubert-Forschung kann derzeit nur eine sein: die erweiterte Neuausgabe der Schubert-Dokumente auf zeitgemäßem wissenschaftlichem Niveau. Deutschs Arbeit ist für jeden, der die Primärquellen kennt, eine notorische Katastrophe und sein Buch verursacht ergo fortgesetzt Unfälle, weil Autoren die Dokumente immer noch für wissenschaftlich brauchbares Material halten. Ich werde diese Arbeit nicht mehr machen können. Ich bin in Pension und habe anderes zu tun. Wer soll das machen? Lernen die Studenten die dafür nötigen Fähigkeiten? Hier zeigt sich das komplette Versagen der akademisch beamteten österreichischen Musikwissenschaft, die nicht in der Lage war, Experten heranzuziehen, die die Schubert-Forschung auf das nötige Niveau bringen könnten.
Ich finde, dass das Ansehen die Akademie der Wissenschaften Schaden nimmt, wenn sie gutbetuchte Schubert-Forscher (wie z.B. Christopher Gibbs) auf Steuerzahlerkosten nach Wien transportieren lässt. Ebenso glaube ich, dass viele Dinge, die heute in Wien als Schubert-Forschung durchgehen, nur möglich sind, weil Rita Steblin und Ernst Hilmar das Zeitliche gesegnet haben.
Mit freundlichen Grüßen,
Dr. Michael Lorenz
Diese Mail blieb unbeantwortet.
© Dr. Michael Lorenz 2024. Im Internet veröffentlicht am 8.Oktober 2024.