Michael Lorenz
Die Reaktion der "Mozartgemeinde Wien" auf meine Rezension ihres Forschungsprojekts "W. A. Mozart und sein Wiener Umfeld"
Sehr geehrter Herr Dr. Lorenz! Wien, im Jänner 2014
Ein von Ihnen auf elektronischem Wege der MA 7/Kultur (Wissenschafts- und Forschungsförderung) und der Mozartgemeinde Wien übermitteltes Schreiben enthält eine „Rezension“ einer von unserer Vereinigung beim Kulturamt der Stadt Wien eingereichten Forschungsarbeit, die vor rund sieben Jahren abgeschlossen und am 15. April 2008 der fördernden Stelle ordnungsgemäß übergeben wurde. Nach Kontaktaufnahme mit der MA 7 (Univ. Prof. Dr. Hubert Christian Ehalt) möchten wir zu Ihrem Schreiben einige grundsätzliche Bemerkungen und Korrekturen anbringen:
Die im Jahr 1913 gegründete Mozartgemeinde Wien sah - neben etlichen anderen Aufgaben und Zielen, die sich dieser Kulturverein schon in seinen ersten Statuten gesetzt hatte – in der Förderung junger Musikerinnen und Musiker, aber auch junger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, ein wichtiges Ziel ihrer Tätigkeit. Dies geschah in der Regel auf künstlerischem Gebiet durch die Verleihung von Musikpreisen (Förderpreisen). In seinem Publikationsorgan „Wiener Figaro“ wurde auch immer wieder jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, auch Studentinnen und Studenten, die Möglichkeit geboten, musikwissenschaftliche bzw. musikhistorische Arbeiten zu veröffentlichen. In die Kategorie dieser Aktivitäten fällt auch die anlässlich des Mozartjahres 2006 von uns angeregte Forschungsarbeit. Naturgemäß gab und gibt es über die Qualitäten künstlerischer wie auch wissenschaftlicher Leistungen immer wieder unterschiedliche Meinungen. Über die Bedingungen und allgemeinen Usancen des Förderwesens seitens der Stadt Wien wurden Sie durch die MA 7 ausführlich unterrichtet.
Frau Mag.[sic!] Madlene Feyrer wurde als Bearbeiterin dieses Forschungsauftrages aufgrund eines Vorschlages des gesamten Vorstandes der Mozartgemeinde Wien vorgeschlagen. Der Präsident der MG, Dr. Helmut Kretschmer, fungierte nicht als wissenschaftlicher Betreuer dieses Projektes. Als Ansprechpartner für Frau Mag. Feyrer innerhalb der Mozartgemeinde fungierten die Vorstandsmitglieder Univ. Prof. Dr. Antonicek und Dr. Andrea Harrandt. Ursprünglich war, wie Sie in Ihrem Schreiben richtig andeuten, Frau Dr. Elisabeth Strömmer als Bearbeiterin dieses Projektes vorgesehen. Aus persönlichen Gründen trat Frau Dr. Strömmer nach einigen vorbereitenden Recherchen von diesem Projekt zurück, in der Folge wurde die damalige Studentin der Musikwissenschaft, Frau Madlene Feyrer, auf Vorschlag unseres Vorstandsmitgliedes Prof. Antonicek, mit der Durchführung des Forschungsprojektes betraut. Wie der Titel der Arbeit („Mozart und sein Wiener Umfeld – Verlassenschaftsabhandlungen des Wiener Stadt- und Landesarchivs“) erkennen lässt, lag der Schwerpunkt eindeutig nur auf der Transkribierung von ausgewählten im Wiener Stadt- und Landesarchiv verwahrten Verlassenschaftsabhandlungen.
Univ. Prof. Dr. Antonicek übermittelte unserem Vorstand eine diesbezügliche Stellungnahme, die wir im Wortlaut wiedergeben:Frau Madlene Feyrer war zum Zeitpunkt ihrer Wahl für das Projekt der Mozartgemeinde die beste zur Verfügung stehende Kraft unter den Studenten der Musikwissenschaft. Sie hatte sich bereits mehrfach in verschiedenen Tätigkeiten bewährt und legte auch in ihrem Studium entsprechende Leistungen vor. Dass sie nicht alle Forderungen bis zum letzten erfüllen kann, die man an einen erfahrenen Forscher stellt, dürfte sich in Anbetracht ihres Alters von selbst verstehen. Es kann aber kein Zweifel bestehen, dass sie ihre Arbeit nach bestem Wissen und Gewissen vorgenommen hat. Die von ihr gesammelten Daten bieten nicht mehr als wertvolles Material bzw. ein Gerüst für weiterführende Forschungen, die an einer neuerlichen Prüfung der Quellen ohnehin nicht vorbeigehen können. In Verkennung oder absichtlicher Ignoranz dieser Tatsachen ihr einen Strick drehen zu wollen, der ihr auch auf Dauer schaden kann, ist eine rational nicht einsehbare, unqualifizierte Vorgangsweise. (Theophil Antonicek).
Die MA 7 unterstützte dieses Forschungsvorhaben mit einem Fördergeld in der Höhe von 4.000 Euro. Davon erhielt Frau Mag.[sic!] Madlene Feyrer 2.000 Euro, die zweite Hälfte des Fördergeldes in der Höhe von ebenfalls 2.000 Euro wurde an Frau Dr. Strömmer überwiesen. Der Verein „Mozartgemeinde Wien“ hat daher keinen Cent „unter Vorspiegelung wissenschaftlicher Tätigkeit lukriert“. Den mit diesem Projekt befassten Personen sowie dem Verein „Mozartgemeinde Wien“ in diesem Zusammenhang betrügerische Intentionen zu unterstellen, müssen wir mit Entschiedenheit zurückweisen.
Mit freundlichen Grüßen,
für den Vorstand der Mozartgemeinde Wien:
Dr. Helmut Kretschmer, e.h. Dr. Andrea Harrandt, e.h. Univ. Prof. Dr. Theophil Antonicek, e.h.
(Präsident) (Generalsekretärin) (Vorstandsmitglied)
Mozartgemeinde Wien
SR Dr. Helmut Kretschmer (Präsident)
Amerlingstraße 11
1060 Wien
Tel.: 0680 2008440
Von der unfreiwilligen Komik abgesehen, die sich aus atemberaubender Realitätsverweigerung speist, zeigt die Antwort der "Mozartgemeinde Wien" unmittelbar auf den Kern jenes Problems, das ich im letzten Absatz meiner Rezension zur Sprache brachte: die wissenschaftlichen Fähigkeiten, die man für die Erforschung von Themen wie "Mozart und sein Wiener Umfeld" braucht, werden an der Wiener Universität nicht gelehrt. Ein großer Teil des Expertentums der hiesigen akademischen Lehrer auf diesem Spezialgebiet ist reine Fiktion. Natürlich darf niemand dieses Problem vor einer Gruppe von Personen ansprechen, die davon ausgeht, dass ein Professorentitel seinen Träger automatisch zu einem allwissenden und unfehlbaren Wesen macht. Zur Not kann man das immer als allgemeine Ausrede verwenden und die in Wien gerne gebrauchten Argumente lauten wie folgt: "Ein Professor hat diesen Aufsatz gelesen", "ein Professor hat sie empfohlen", "ein Professor hat diese Förderung befürwortet", "dem Professor zufolge ist diese Person die beste Wahl", oder (wie Prof. Ehalt es formulierte), "Die Mozartgemeinde ist eine angesehene Forschungsgemeinschaft, in deren Gremien eine Reihe von WissenschafterInnen im ProfessorInnenrang tätig sind".
Ich habe beschlossen, meinen Standpunkt vollkommen zu ändern. Bisher war ich der Meinung, dass kein einziges Vorstandsmitglied der "Mozartgemeinde Wien" Frau Feyrers Projektbericht tatsächlich gelesen hat. Und ich erwarte auch nicht, dass alle in diese traurige Affäre verstrickten Personen meine Rezension kennen. Ein Vorstandsmitglied sagte mir im Jänner 2014 unter vier Augen, er kenne meine Rezension und habe beschlossen, sich in dieser Angelegenheit "abzuschotten". Von nun an wechsle ich meine Sicht der Dinge: ich nehme einfach an, dass Professor Antonicek Feyrers Projektbericht gelesen hat und nicht in der Lage war, alle dummen Fehler und den atemberaubenden Unsinn zu bemerken, den dieser enthält. Ich komme daher zur folgenden Bewertung der Ereignisse:
Ein Wiener Universitätsprofessor für Musikwissenschaft beauftragt eine Studentin mit einer Forschungsaufgabe, ohne jemals ihre tatsächliche Fähigkeit zu überprüfen, Kurrentschrift aus dem frühen 19. Jahrhundert zu transkribieren. Prof. Antonicek hätte die wahrscheinlichen Schwächen Feyrers auf diesem Gebiet kennen sollen, denn die Transkription historischer Dokumente wird am Institut für Musikwissenschaft in Wien nicht unterrichtet. Dass Feyrer (die noch keinen Magistertitel hat) "sich bereits mehrfach in verschiedenen Tätigkeiten bewährt und auch in ihrem Studium entsprechende Leistungen vorgelegt hatte", ist vollkommen irrelevant. Ihr Projektbericht beweist, dass sie kein einziges der Dokumente lesen konnte, die sie zusammenfassen sollte. Tatsächlich war sie für diese Aufgabe die schlechteste "zur Verfügung stehende Kraft unter den Studenten".
Der selbe Professor für Musikwissenschaft weiß nicht, dass die Verlassenschaftsabhandlungen mancher von Mozarts Wiener Bekannten schon in allen Details publiziert wurden. Er glaubt, dass es einen ungarischen Grafen namens "Seczewy" gab. Er glaubt, dass Verlassenschaften von Personen des 18. Jahrhunderts hauptsächlich aus "Devotionalien" bestanden und bemerkt nicht, dass Frau Feyrer nicht weiß, was dieses Wort bedeutet. Er glaubt irrigerweise, dass Joseph Bauernjöpel zum Mozartkreis gehörte und dass die Wendung "ad publicum" in einer Sperrs-Relation Sinn macht. Der Professor glaubt, dass ein österreichischer Gulden im 18. Jahrhundert aus 100 Kreuzern bestand und er ist sich der Tatsache nicht bewusst, dass die österreichische Regierung im Jahr 1811 eine zweite Währung von geringerem Wert einführte, die "Wiener Währung" genannt wurde. Er weiß absolut nichts über die juristischen Vorgänge, die der Tod eines Wiener Bürgers im frühen 19. Jahrhundert zur Folge hatte. Daher hält er es für sinnvoll, Verlassenschaftsabhandlungen historischer Persönlichkeiten zu untersuchen, ohne auch die Testamente dieser Personen zu beachten. Er glaubt, dass es die Pflicht einer Witwe war, bei Gericht die Anlegung einer Sperrs-Relation zu beantragen und dass das Testament eines Verstorbenen von einem Rechtsanwalt verwahrt und nicht dem Gericht übergeben wurde. Er hält das Wort "Legitationslimit" für einen tatsächlich existierenden Begriff (was er nicht ist, weil Frau Feyrer ihn erfand, als sie das Wort "Lizitationsdrittel" nicht lesen konnte). Er weiß nicht, dass der Name des Herausgebers des Wiener Musen-Almanachs (und Leiters der k.k. Hofbibliothek) nicht "Leon Gottlieb" (wie von Frau Feyrer halluziniert) war, sondern Gottlieb Leon und er hält es daher für möglich, das Leons Verlassenschaftsdokumente von der Sängerin Anna Gottlieb unterschrieben wurden. Weil er die neueste Literatur über den Bassisten Anton Grams nicht kennt, glaubt er dass Grams ein Mitglied des Mozartkreises war, obwohl Grams in Prag lebte und erst Ende 1801 nach Wien kam. Er glaubt, dass Johann Baptist Henneberg "k.k. Hofkomponist und Konzertmeister" war. Er glaubt, dass "24 Leichentücher" ein Teil von Leopold Hoffmanns Nachlass waren und bemerkt nicht, dass diese morbiden Textilien nur das sind, was Frau Feyrer aus Hoffmanns Leintüchern machte. Er erkennt nicht, dass Hoffmanns Verlassenschaftsabhandlung nicht aus 103 Seiten bestehen kann und dass diese Seitenanzahl eine groteske Halluzination ist. Er schließt eine Persönlichkeit wie Dr. Johann Hunczovsky in das Forschungsprojekt ein, über den er fast nichts weiß. Daher bemerkt er nicht, dass das von Feyrer "zusammengefasste" Dokument nicht Hunczovskys wirkliche Sperrs-Relation ist. Dieser Professor hält es für möglich, dass ein Schauspieler mit einer jährlichen Pension von 800 Gulden sich in seinen letzten Jahren mit Schneiderei etwas dazuverdiente. Er kennt die Basisliteratur über den Schauspieler Joseph Lange nicht und bemerkt daher nicht, dass Frau Feyrers Zusammenfassung von Langes Sperrs-Relation nur ein Gemisch aus Nonsens und verzweifelter Erfindung ist. Er kennt auch die wichtigste Literatur über den legendären Klarinettisten Anton Stadler nicht und bemerkt daher keinen der groben Fehler in Feyrers Text über diesen Musiker. Der Professor weiß nicht, wann Georg Summer Hoforganist wurde und glaubt, dass Mozart ein Jahreseinkommen von 400 Gulden hatte. Er glaubt nicht nur, dass die Aussage, dass "Summers Kinder sich untereinander vertragen" Sinn macht, sondern auch, dass sie auf einer tatsächlichen Eintragung in einer Verlassenschaftsabhandlung beruht. Er glaubt, dass sich das Theater an der Wien in der Josefstadt befindet. Ist ein Professor, der ein derartiges Panoptikum von Fehlern verantwortet, wirklich qualifiziert, ein Forschungsprojekt über "Mozarts Wiener Umfeld" zu betreuen? Ist es die Aufgabe eines Universitätsprofessors, unfähige Studenten auf Kosten von Steuerzahlern mit Projektgeldern zu versorgen?
Die genannten Fehler (neben zahlreichen Rechtschreib- und Grammatikfehlern) sind nur jene, die ein Betreuer so eines Projekts beim Korrekturlesen bemerken sollte. Bei der Überprüfung der Primärquellen selbst wird sofort klar, dass Feyrers Bericht nicht nur fehlerhaft, sondern vollkommen wertlos ist, da er keine Bibliographie und zu viel Unsinn und Fehlinformationen enthält. Antonicek gesteht nun ganz offen ein, dass Feyrers Arbeit in der Zukunft noch einmal gemacht werden müsste: "ein Gerüst für weiterführende Forschungen, die an einer neuerlichen Prüfung der Quellen ohnehin nicht vorbeigehen können". Das Thema, um das es geht, ist nicht, dass es "über die Qualitäten künstlerischer wie auch wissenschaftlicher Leistungen immer wieder unterschiedliche Meinungen" gibt. Das Thema ist das Delikt vorsätzlichen Betrugs. Frau Feyrer musste als erste bemerken, dass ihr alle zur Erfüllung ihrer Forschungsaufgabe nötigen Fähigkeiten fehlten. Sie schwieg in der sicheren Überzeugung, dass Antonicek ihre Arbeit nie lesen würde und strich für eine absolut wertlose Arbeit 2.000 Euro ein. Antoniceks Vorwurf, Kritik an Feyrers eklatanter Inkompetenz "könne ihr auch auf Dauer schaden" und sei "eine rational nicht einsehbare, unqualifizierte Vorgangsweise", ist vollkommen absurd. Die Mozartgemeinde publiziert einen ungelesenen(!) Aufsatz – setzt also eine Studentin wissentlich einer groben Blamage aus – und will dann der Scientific Community die negative Kritik verbieten? Darf eine auf Universitätsniveau erbrachte Arbeit nicht mehr beurteilt und rezensiert werden? Die Wissenschaft ist keine geschützte Werkstätte. Es waren die Mozartgemeinde und Feyrer selbst, die sich "auf Dauer schadeten".
Die Information, dass Dr. Strömmer ebenfalls 2.000 Euro Honorar erhielt, wirft eine bisher unbeachtete Frage auf: was trug Dr. Strömmer zum Projekt bei? Ihre wissenschaftlichen Fähigkeiten sind im Projektbericht nicht zu bemerken, den sie (wie sie mir im September 2013 persönlich mitteilte) nie gelesen hat. Ihre Auswahl der Vertreter von "Mozarts Wiener Umfeld" ist fehlerhaft. Mithilfe des maschinenschriftlichen, von Gustav Gugitz erstellten Verzeichnisses der Verlassenschaftsabhandlungen kulturell interessanter Persönlichkeiten bedarf es nicht mehr als einer halben Stunde Arbeit im Lesesaal des Wiener Stadt- und Landesarchivs, um die Signaturen der betreffenden Dokumente zu eruieren. Es wird immer begreiflicher, warum Prof. Antonicek bei seinen Studenten und Absolventen so beliebt war.
Es zeigt sich, dass zwei der drei fehlerhaften Dissertationen, die ich in meiner Rezension als Beispiel verwendete, von Antonicek betreut wurden, der einen legendären Ruf als netter und vertrauensseliger Lehrer erworben hatte und immer wieder Opfer von Unehrlichkeit und Inkompetenz seiner Absolventen wurde. Claudia Petes Dissertation Geschichte der Wiener Tonkünstler-Societät aus dem Jahr 1996 sollte auf der großen Zahl von originalen Geschäftsbüchern und Akten basieren, die sich im Bestand "Private Institutionen" im Wiener Stadt- und Landesarchiv befinden. Weil aber Pete offensichtlich diese Originaldokumente nicht lesen konnte, musste sie ihre Dissertation auf Carl Ferdinand Pohls 1871 publizierter Geschichte der Wiener Tonkünstler-Societät aufbauen, was man daran erkennt, dass Pete keine einzige Primärquelle zitiert und alle Fehler und Auslassungen Pohls kopierte. Das einzige, was sie Pohls Arbeit hinzufügte, war ein systematischer Überblick des Archivbestandes, für den sie einfach den vorhandenen Archivbehelf verwendete. Die wirkliche Geschichte der Tonkünstler-Societät, die auf den faszinierenden Originaldokumenten basiert, bleibt immer noch zu schreiben. Der zweite Fall ist noch legendärer: im Jahr 1992 schrieb Herbert Krenn eine Dissertation mit dem Titel Joseph Lanner: sein Leben - sein Werk, die zwei Jahre später unter dem Titel "Lenz-Blüthen": Joseph Lanner. Sein Leben - sein Werk bei Böhlau im Druck erschien. Diese "Biographie" Lanners ist bezeichnend, denn Teile davon basieren auf Quellen, die, obwohl sie mit Signaturen und den betreffenden Jahrgängen des Totenbeschauprotokolls genannt werden, gar nicht existieren. Dieses Buch, das Unmengen erstaunlicher Fehler enthält, ist glücklicherweise vergriffen.
Manche Universitätsprofessoren scheinen zu glauben, dass die Nichtbeachtung bescheidenster Qualitätsstandards in den Arbeiten ihrer Absolventen ihrem wissenschaftlichen Ruf nie schaden wird. Sie irren. Zahllose, während der letzten 30 Jahre in Wien approbierte musikwissenschaftliche Dissertationen und Diplomarbeiten zeigen, dass das Hauptinteresse mancher Lehrer ihrer Beliebtheit bei den Studenten galt und nicht den Ansprüchen an die Qualität der Forschung. Eine oft angewandte Methode, den hoffnungslosen Verfall des wissenschaftlichen Niveaus zu verbergen, war die fünfjährige Sperre von Abschlussarbeiten für die Öffentlichkeit unter Vorspiegelung eines Publikationsvorhabens und ein von den Absolventen eingefordertes Versprechen, "nie als Musikwissenschaftler beruflich tätig zu werden". Und natürlich darf niemand diese Dinge zur Sprache bringen, oder – Gott behüte! – es wagen, einen Wiener Professor zu kritisieren.
Die Anschuldigung, die die "Mozartgemeinde Wien" im letzten Absatz ihrer Antwort vorbringt, wäre einfach nur lachhaft, wenn sie nicht auch in ihrem Mangel an Argumenten erbärmlich wäre. Ich habe nie behauptet, dass der Verein (also sein Vorstand) 4.000 Euro erhielt. Auf lange Sicht ist es jedoch vollkommen irrelevant, wer Steuergeld für ein wertloses Forschungsprojekt verschwendete, das mittlerweile zum Gespött der akademischen Community geworden ist.
© Dr. Michael Lorenz 2014. Alle Rechte vorbehalten. Im Internet veröffentlicht am 20. Juni 2014. nach oben